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Sport: „Ich höre mit einem Tour-Sieg auf“

Jan Ullrich setzt sich neue Ziele und weist Dopingvorwürfe zurück

Während seine Anwälte über Geld sprachen, redete Jan Ullrich über seine Karriere. Die Anwälte des Radrennfahrers verhandelten in Düsseldorf über die finanziellen Konsequenzen der Kündigung mit seinem ehemaligen Arbeitgeber Team T-Mobile. Ullrich dagegen erzählte lieber etwas von neuen Zielen. Erstmals seit seinem Startverbot für die 93. Tour de France wegen angeblicher Verstrickung in den spanischen Dopingskandal und seit der Kündigung durch T-Mobile ging Ullrich in die Offensive. In einem Interview mit der Schweizer Boulevardzeitung „Blick“ kündigte der Wahlschweizer seine Rückkehr auf dem Rennrad an: „Ich habe immer gesagt: Ich höre mit einem Tour-Sieg auf. Dieses Jahr wurde er mir leider verwehrt. Deswegen bin ich bestrebt, noch ein Jahr dranzuhängen.“

Seine Anwälte haben unterdessen einen weiteren Termin für Verhandlungen vereinbart. Immerhin stünden Ullrich bis zu seinem Vertragsende am 31. Dezember 2006 noch rund eine Million Euro Gehalt von T-Mobile zu. Zudem bestand bisher eine Vereinbarung, die Jan Ullrich eine Weiterbeschäftigung im Konzern nach seinem Karriereende garantiert – angeblich bis 2014.

Die Anwälte geben sich dabei genauso kämpferisch wie ihr 32 Jahre alter Mandant bezüglich der sportlichen Laufbahn: „Jan Ullrich wird nicht aufgeben. Ich bin für alles offen und suche ein gutes Team für 2007. Ich will nicht einfach noch ein Jahr warten, ich will den ganz großen Sieg.“ Inwieweit sich in Ullrichs Fall jedoch ein anderes Team an den Ethik-Code der Pro-Tour gebunden fühlt, keinen unter Dopingverdacht geratenen Fahrer zu verpflichten, ist offen.

Ullrich beteuerte jedenfalls noch einmal vehement seine Unschuld. Antwort auf die Frage des „Blick“-Reporters, „Jan Ullrich, ganz ehrlich: Haben Sie wirklich nie gedopt?“: „Natürlich nicht. Ich habe niemals in meiner Karriere einen anderen Rennfahrer betrogen. Das ist Fakt.“ Die Kündigung akzeptiere er nicht, „weil es aus meiner Sicht keinen Grund für diesen Rauswurf gibt.“ Er müsse seine Unschuld doch nicht beweisen. „Es ist menschenunwürdig, wenn ich einen Gentest abgeben muss. Ich bin ein Radprofi und doch kein Mörder oder Verbrecher.“

In diesem Zusammenhang ist das Verhalten seiner Freunde Andreas Klöden und Matthias Kessler bemerkenswert, die immer wieder während der Tour betont hatten, für ihren Freund und Kapitän zu kämpfen, der „leider verhindert“ sei (Kessler) und „stolz auf diese Mannschaft“ (Klöden) sein könne. Bei beiden laufen die Verträge zum Jahresende aus, beide haben kein neues Angebot von T-Mobile erhalten und warten die angekündigten radikalen Strukturveränderungen ab. Gerüchte, ihr gemeinsamer Manager Tony Rominger werde in die neue Teamleitung um den Milliardär und Manager des Frauenteams, Bob Stapleton, und Rolf Aldag einbezogen, dementiert der ehemalige Schweizer Radstar. „Damit beschäftige ich mich nicht, bevor ich nicht offiziell informiert werde.“

Romingers Klienten Klöden und Kessler warten nun auch ab, was aus Team-Manager Olaf Ludwig wird. Denn die Lizenz, eine von zwanzig der Pro-Tour und ein Pfund, mit dem Ludwig hätte wuchern können, verliert zum Jahresende ihre Gültigkeit. Das Papier und damit das Besitzrecht des Rennstalls war zu Beginn des Jahres von der Sportgroep Godefroot BVBA auf die Olaf Ludwig Cycling GmbH übergegangen. Godefroot erläuterte das Prozedere: „Ich habe die Lizenz 2004 um zwei Jahre verlängert und für 2006 sozusagen an Olaf vermietet. Für eine neue Lizenz, wer immer sie beantragt, muss das Wirtschaftsprüfungsunternehmen Ernst & Young ein Dossier erstellen, über dessen Finanzkraft dann eine Kommission von drei neutralen Schweizer Richtern befindet.“ Olaf Ludwig sagte dazu: „Meine Cycling GmbH arbeitet künftig mit der Stapleton-Gruppe eng zusammen. Der Antrag auf Verlängerung meiner Lizenz ist gestellt, ich gehe davon aus, dass der Weltradsportverband UCI sie genehmigt.“

Hartmut Scherzer[Frankfurt am Main]

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