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Sport: „Ich nehme noch Nahrung zu mir“

Wie Huub Stevens auf die Kritik an seiner Person reagiert

Berlin. Wenn Huub Stevens seine Ruhe haben will, dann schaltet er sein Telefon aus und geht mit seinem Hund im Park spazieren. Oder er schaut sich wie am vergangenen Wochenende ein Spiel der eigenen Amateurmannschaft an. Der Nachwuchs des Fußball-Bundesligisten Hertha BSC kickte da beim SV Yesilyurt, verlor 2:4, und als Stevens an diesem Tag über die Tribüne schlenderte, hielt ein Fotograf drauf. Das Motiv sah so aus: Die Sonne schien, weit und breit stand kein Mensch, nur Stevens. Die „B.Z.“ titelte am nächsten Morgen: „Der einsame Stevens“. Ganz so schlimm stehe es aber nicht um ihn, sagte der Berliner Trainer am nächsten Tag: Falls sich jemand große Sorgen mache – „ich nehme noch Nahrung zu mir“.

Stevens nimmt die sportliche Situation mit dem ihm eigenen Sarkasmus. Da 14 seiner Spieler mit den Nationalmannschaften ihrer Heimatländer unterwegs sind und sich neben den langzeitverletzten Brasilianern Marcelinho (Fußbruch) und Luizao (Aufbautraining nach Knieprellung) auch noch Abwehrchef Dick van Burik (Knieprellung) und Andreas Neuendorf (Rückenschmerzen) bis Donnerstag abgemeldet haben, „sitzen jetzt mehr Trainer und Betreuer in der Kabine als Spieler“. Huub Stevens muss selbst ein wenig lachen. Viel kann er bis zur Rückkehr seiner Nationalspieler nicht tun. „Vielleicht ist es sogar ganz gut, dass sie die Köpfe freikriegen und nicht alles lesen und hören müssen, was hier los ist“, sagt Stevens. Die „Bild“-Zeitung titelte angesichts der drei sieg- und torlosen Spiele von Hertha: „Guten Morgen, ihr Nullinger!“

So gereizt und unhöflich der Berliner Trainer unmittelbar nach den Bundesligaspielen reagiert, so entspannt verkauft er sich am ersten Trainingstag nach dem torlosen Unentschieden gegen den SC Freiburg. „Stevens raus!“ hatten die Fans geschrien. Der Berliner Trainer bleibt auch da gelassen. Er überlegt kurz und sagt: „Sie können ja nicht alle elf Namen rufen.“ Stevens weist daraufhin, dass „ich Profi bin und damit umgehen kann“, und insgesamt kann er diese schlechte Stimmung sogar „sehr gut“ verstehen. „Die Fans leben ja mit dem Verein.“

Eine Trainer-Debatte werde es nicht geben, verkündete Herthas Manager Dieter Hoeneß denn auch prompt. Der Klub werde genau so wie in den vergangenen Jahren bei Jürgen Röber handeln. Dieser war auch nach einigen schwachen Spielen in die Kritik geraten, doch der Manager hatte sich stets vor ihn gestellte. Dass die Fans schneller empfindlich reagieren, „das ist normal, das kenne ich auch aus den Niederlanden“, sagt Trainer Huub Stevens.

In Gesprächen wolle er den Spielern zeigen, dass er ihnen vertraue. „Wir haben uns ja in den drei Spielen 17 gute Chancen herausgespielt“. Wie diese Dialoge in dieser Woche aussehen sollen, weiß Stevens allerdings selbst nicht. Es ist ja kein Stammspieler in Berlin.

André Görke

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