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© dpa

Im EM-Quartier: Karneval in Treptow

Beim Public Viewing im EM-Quartier von 11 Freunde und Tagesspiegel haben die Türken schon einmal große Stimmung gemacht. Am heutigen Sonntag wird wieder ein tolles Fest in rot und weiß erwartet.

Treptow ist ganz nah dran an Kreuzberg. Das 11-Freunde-EM-Quartier liegt fünf Gehminuten entfernt vom Schlesischen Tor. Nie war das so offensichtlich und akustisch spürbar wie beim letzten EM-Spiel der Türken: In Scharen sind da die türkischen Fans über die Bezirksgrenze geschwappt.

Und das sieht so aus: Der Halbmond leuchtet über dem Fuhrpark und die Fans verwandeln die Innentribüne in eine Kleinausgabe des Istanbuler Ali-Sami-Yen-Stadions. Auf den Bänken stehen zwei Einpeitscher, die immer neue Lieder anstimmen, den türkischen Takt vorgeben. Ihre Gesänge sind akustische bengalische Feuer in Rot und Weiß und erzeugen die Dezibelstärke eines Loveparade-Umzugs. Dann setzt der Regen ein in Basel und es scheint, als würden die Hoffnungen der Türken jämmerlich ersaufen. Als ausgerechnet Hakan Yakin den Ball beim Wasserballet ins Tor klatscht, verstummen die türkischen Gesänge. Doch den finalen Bauchklatscher haben sie sich aufgespart. In der Halbzeit stehen ein paar Jungs aus Kreuzberg draußen und pressen zwischen mehreren hastigen Zigarettenzügen Sätze des Entsetzens hervor: „Das haben wir nicht verdient.“ Immer wieder. Doch schnell ist das Quartier wieder erfüllt von einem scheinbar endlosen Choral türkischer Schlachtgesänge. Eine beängstigende Spannung hat sich über das Quartier gelegt, immer lauter peitschen die türkischen Stimmen ihr Team nach vorne. Dann trifft Semih und die Spannung entlädt sich in einem wilden Zucken. Keine fünf Gehminuten entfernt brennt der Himmel. Kreuzberg feiert das erste Tor der Türken. Kurz vor Schluss laufen noch einmal drei Schweizer allein auf Keeper Volkan zu, doch sie scheitern. Noch mal durchatmen. Und dann, als das Spiel eigentlich gelaufen ist, die Einpeitscher nur noch wie versteinert auf den Bänken kauern, trifft Arda doch noch zum 2:1. Es ist 22.32. Uhr an der Grenze zu Kreuzberg und im Fuhrpark ist Karneval. Ein beleibter Türke reißt sich fassungslos vor Glück seine rotweiße Narrenkappe vom Kopf und rutscht wie von Sinnen immer wieder auf dem Bauch durch die Halle. Dann bleibt er erschöpft liegen und schreit. Das Spiel in Basel ist aus. Die Türken drängen in eine leuchtende Nacht voll Feuerwerk. Kreuzberg hupt und feiert bis in die Morgenstunden. Sie haben ihr Finale gegen Tschechien. Rund ums Schlesische Tor ist schon jetzt diese fiebrige Anspannung spürbar, die die türkischen Chöre wieder über die Grenze treiben wird. Auch deshalb werden diesmal noch mehr türkische Fans im Quartier erwartet. Ab 19 Uhr ist heute Einlass – und spätestens kurz vor neun wird wieder der Halbmond über der Arena in Treptow leuchten.

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