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Sport: Im fünften Ring: Die armen Menschen von Sydney (Glosse)

Man sitzt jetzt draußen des Abends in Sydney (auch wenn am Eröffnungstag schon in der Früh dunkel Wolken aufzogen. Soviel zum Wetter für heute).

Man sitzt jetzt draußen des Abends in Sydney (auch wenn am Eröffnungstag schon in der Früh dunkel Wolken aufzogen. Soviel zum Wetter für heute). Manch Sydneysider und manch Sydney-Besucher würde auch draußen sitzen, wenn es regnen würde. Allenfalls unterm Schirm. Aber draußen. Ja, man kann sagen, sie müssen draußen sitzen oder stehen, weil sie drinnen verachtet werden, verstoßen, verbellt, manchmal sogar verhaftet. Sie sind arme Menschen, die Raucher in Sydney.

Am vergangenen Montag, also zu einem Zeitpunkt, an dem kein Olympiabesucher seine Reise mehr rückgängig machen konnte, haben sie in Sydney neue Gesetze erlassen: 550 Dollar Strafe kostet das Rauchen in Cafes, Restaurants, Einkaufszentren, Hotels, Klubs, Kneipen, Bars, Pinten, kurz: überall, wo drinnen ist. Dass es sich dabei um australische Dollar handelt, der zum Kurs von 1,30 Mark gewechselt wird, macht die Sache nicht besser. Es gibt also keine Nichtrauchertische und Rauchertische. Es gibt auch keine Nichtraucherräume und Raucherräume. Es gibt nur gute Menschen und Raucher.

Wie in Amerika, wo manch einer aus lauter Gesundheitswahn immer öfter einen knackigen Hamburger mit frischen Pommes und reinster Cola zu sich nimmt, wie also in dem Land, von dem sich die Australier so gerne unterscheiden wollen, stehen in Sydney nun viele Menschen vor Geschäften, Bürohäusern, Banken und Pressezentren. Sie machen dort eine Rauchpause. Und sie gucken dabei sehr, sehr traurig, weil sie nun nicht mehr zur Gesellschaft gehören.

Ja, auch vor Pressezentren. Ein deutscher Gast klagte draußen, dass er sich drinnen vorkäme, als habe er Kinder geschändet. Ein freundlicher Australier sagte, dies sei aber nicht der Grund des Ausschlusses aus dem öffentlichen Leben, vielmehr, weil die Raucher die Kinder vergifteten. Na, na. Was haben Kinder in Pressezentren zu suchen? Und damit nicht genug. Es ist nämlich hier im fünften Ring nicht jedes Draußen draußen.

Wer zum Beispiel mit einer Fähre durch den wunderschönen Hafen fährt und dann auf dem Oberdeck beim Träumen von der See und der Freiheit vielleicht einen Lungenzug machen möchte, der müsste später bei der Polizei 550 Dollar zahlen. Wenn er nicht gleich über Bord geworfen wird. Und bei Olympia sind alle Draußens drinnen. Das nicht überdachte Olympiastadion ist drinnen, das Baseballstadion auch, wie auch das Triathlonstadion und alle anderen Freiluft-Stadien natürlich auch. Sonst aber ist der Sydneysider nicht so pingelig. Man müsste halt nur mit dem Rauchen aufhören. Wir werden sehen.

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