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Sport: Im Kampf gegen Konjunktive

Wer erinnert sich noch an Jens Lehmann? Lehmann war ein Torwart, der sich Spickzettel in die Stutzen stopfte, nach Niederlagen Straßenbahn fuhr und sich auch sonst recht ungewöhnlich benahm.

Wer erinnert sich noch an Jens Lehmann? Lehmann war ein Torwart, der sich Spickzettel in die Stutzen stopfte, nach Niederlagen Straßenbahn fuhr und sich auch sonst recht ungewöhnlich benahm. Sein größtes Vermächtnis sind mitnichten die zwei gehaltenen Elfmeter im WM-Viertelfinale 2006, sondern eine Sport-Weisheit: „Der Konjunktiv ist der Feind des Verlierers.“ Beim FC Bayern München gibt es gerade viele Gründe, in Konjunktiven zu denken – und indikativ an Veränderungen zu arbeiten.

Wäre Boateng vor Drogba an den Ball gekommen ... hätte Robbens Elfmeter gesessen ... wäre Schweinsteigers Schuss nicht am Pfosten abgeprallt: All das sind Konjunktive, an denen sich die Bayern nun zerfleischen. In einer minimal verschobenen Realität stünde längst eine bronzene Robben-Büste auf dem Marienplatz, Jupp Heynckes hätte einen Blanko-Renten-Vertrag unterzeichnet, eine Schweinsteiger-Statue schmückte den Arena-Vorplatz in Fröttmaning. Doch im Sport liegen Glück und Depression nun einmal so nahe beieinander, dass es einem Magen, Herz und Hirn umdrehen kann.

Das Champions-League-Finale hat jede Überzeugung beim FC Bayern in Zweifel umgekehrt. Alles, was lange richtig schien, wird nun als faule Stelle angesehen. Man kann diesen quälenden Prozess als überdrehten Auswuchs des Profisports abtun. Oder man kann Mitleid haben mit einem Klub, der sich in einen Kampf gegen die Konjunktive stürzt, den er nicht gewinnen kann. Seite 23

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