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Sport: Im Kleinen wie im Großen

Beim Berlin Match Race der Segler vertritt Michael Hestbaek das America’s-Cup-Team Germany

Berlin - Mast- und Schotbruch wünschen sich die Segler und hoffen damit, dass ihnen genau das nicht passiert. Wenn dann der Mast auch noch 42 Meter hoch ist, wie bei einer America’s-Cup-Yacht, dann kann es schon mal ganz gefährlich werden. „Wir hatten vor ein paar Wochen vor Valencia bei einem Testduell dieses Pech. Zum Glück ist nichts Schlimmes passiert“, berichtet Lutz Patrunky über den Vorfall auf der Trainings-Yacht „GER 72“. Da die Ursache vermutlich Materialermüdung war, hätte das Rigg wohl auch bei geringerem Wind brechen können, und dann wäre vielleicht auch Michael Hestbaek in große Gefahr geraten. Der 37 Jahre alte Däne aus Kopenhagen sitzt beim Team Germany, das sich in der spanischen Hafenstadt intensiv auf den 32. America’s Cup vorbereitet, als Stratege nicht selten in 28 Meter Höhe auf dem Mast und bewertet die Windfelder. „Aber nur bis zu einer Windgeschwindigkeit von zehn Knoten, ansonsten bin ich als Großsegeltrimmer eingeteilt“, erzählt er am Rande des 15. Berlin Match Race.

Dass Geschichten um den America’s Cup derzeit am Wannsee die Runde machen, hat mit Männern wie Michael Hestbaek zu tun. „Ich repräsentiere hier das United Internet Team Germany“, sagt er, „wie Jochen Schümann das der Schweizer Alinghi.“ Von den zwölf Booten vertreten sechs Syndikate, die beim America’s Cup dabei sind. „Deshalb ist das eben nicht irgendein Match Race, bei dem ich mal so mitsegle“, sagt Hestbaek, „sondern es geht um die Darstellung unseres Teams.“ Im Vorjahr war Hestbaek eine Überraschung mit Rang zwei hinter der Schümann-Crew gelungen. Diesmal ist er schon nach dem ersten Tag ausgeschieden.

Der Däne ist beim America’s Cup auch nicht als Skipper vorgesehen, obwohl er als Amateur und dreimaliger Olympiateilnehmer im Laser, Star und 490er gesegelt ist. „Es ist aber wichtig, selbst immer neue Erfahrungen als Skipper zu sammeln. Nur so kann ich mich optimal einbringen“, sagt Hestbaek und vergleicht das Tun an Bord mit einem Schachspiel: „Es gibt unendlich viele Züge. Zum richtigen Zeitpunkt den richtigen zu finden, ist für alle die Kunst.“ Das ist im H-Boot, das bis zum Sonntag auf dem Wannsee im Einsatz ist, nicht anders als auf der Hightech-Yacht beim America’s Cup.

Nach dem Mastbruch müssen alle Crew-Mitglieder auf der ersten deutschen America’s-Cup-Yacht doppelten Einsatz zeigen. „Rein rechnerisch betrachtet haben wir alle gesammelten Daten verloren, haben null und nichts“, sagte Skipper Jesper Bank nach dem Malheur. Seitdem geht der Chef als Vorbild voran, damit daraus nicht noch ein zusätzlicher Rückstand wird. Beim mit 100 000 US-Dollar dotierten Allianz Cup vor San Francisco belegten Jesper Bank und seine Crew den dritten Platz im Feld der weltbesten Matchracer. Nur der erstmals bei einem Matchrace der obersten Kategorie siegreiche Doppel-Olympiasieger Ben Ainslie (Großbritannien) und Alinghi-Steuermann Ed Baird (USA) waren besser. Unter den Besiegten waren der Matchrace-Weltranglistenerste Paolo Cian (Italien), der dreimalige Matchrace-Weltmeister Peter Gilmour (Australien) und Alinghi-Steuermann Peter Holmberg (US Virgin Islands).

Als einzige America’s-Cup-Mannschaft plant das Team Germany, bis kurz vor Weihnachten vor Valencia zu testen. „Wir haben viel aufzuholen“, erklärte Bank den Trainingsmarathon. Ob sich der Aufwand lohnt, wenn ab dem 18. April 2007 vor Valencia beim Louis-Vuitton-Cup der Herausforderer für den Titelverteidiger Alinghi ermittelt wird, bleibt offen. „Die neue Yacht „GER 89“ war bisher zehn Tage im Wasser, Ende November startet eine neue Testreihe“, berichtet Lutz Patrunky, der Sportmanager des Teams Germany. Auch ihn hält es am Wannsee kaum an Land. „In Valencia sind wir jetzt 60 Leute, davon 28 Segler, die dort mittlerweile wohnen“, erzählt der 49-jährige Berliner. „Ich fühle mich wie auf Heimaturlaub, in Spanien sind 14-Stunden-Arbeitstage das Normale.“ Und noch etwas ist anders in Berlin: Da alle Teilnehmer gleichartige H-Boote steuern, entfällt die extreme Geheimhaltung untereinander. Das bedeutet ernsthaftes Segeln mit Spaßfaktor – bei höchstens mittleren Winden garantiert kein Mast- und Schotbruch.

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