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Sport: Im Ring mit dem Riesen Weltmeister John Ruiz kämpft gegen einen Gegner,

der einen Kopf größer ist als er: Nikolai Walujew

Berlin - John Ruiz würde einen prächtigen Baumfäller abgeben. Er ist etwa einsneunzig groß, breit, vollbärtig und etwas pausbäckig. Wenn er spricht und sich dabei seine Augenbrauen über der Nasenwurzel entgegenkommen, sieht er ein bisschen aus wie die Latino-Version Dan Haggertys, des Hauptdarstellers der 70er-Jahre-Fernsehserie „Der Mann in der Bergen“. John Ruiz aber hat andere Sorgen. Der US-Amerikaner, Sohn puertoricanischer Einwanderer, muss sich am Samstag der Fäuste des hünenhaften Russen Nikolai Walujew (2,13 m, 150 kg) erwehren. In der Berliner Max-Schmeling-Halle verteidigt Ruiz (ab 22.45 Uhr, ARD) seinen WBA-Weltmeistertitel im Schwergewicht.

John Ruiz ist nicht irgendjemand. Der 33-Jährige ist ein sehr erfahrener Schwergewichtler, der es schon mit Spitzenleuten wie Evander Holyfield, Andrew Golota, Hasim Rahman oder Fres Oquendo im Ring aufgenommen hat. 41 seiner 48 Kämpfe hat er gewonnen, 28 davon durch Knockout. Als er im März 2001 den Amerikaner Holyfield schlug, war er der erste Boxer lateinamerikanischer Abstammung, der Weltmeister im Schwergewicht wurde. Deshalb wurde er anschließend vom amerikanischen Präsidenten George W. Bush nach Washington ins Weiße Haus eingeladen und in der Heimat seiner Eltern, in Puerto Rico, zum „Helden des Volkes“ ausgerufen. Vor dem Kampf gegen Walujew (in 43 Kämpfen ungeschlagen) tönt Ruiz: „Ich werde Deutschland auch wieder als Weltmeister verlassen. Dann werden noch mehr Leute von mir reden.“

In den USA gilt der Boxer als Langweiler. John Ruiz ist weder ein Draufgänger noch ein Virtuose. Er bevorzugt den Infight, hält, schiebt und klammert gern. Solche Typen, die eher den Schlagabtausch verhindern wollen, kommen in den USA nicht gut an. Auch deshalb gilt er als der schwächste der vier Weltmeister im Schwergewicht. Seinen bisher letzten Kampf im April diesen Jahres verlor er zwar gegen James Toney (USA), blieb aber wegen dessen nachträglicher Disqualifikation aufgrund eines positiven Dopingtests Weltmeister.

„Wenn Nikolai so einfach boxt, wie ich Russisch spreche, wird er gewinnen“, sagt Ulli Wegner, der neben Trainer Manuel Gabrielian den Herausforderer Walujew auf den Titelkampf vorbereitet hat. John Ruiz ist mit großem Gefolge und beinahe 30 Taschen Gepäck nach Berlin gekommen. Auf die Frage, was er denn so alles in den Taschen hat, antwortet er spitz: „Die sind alle leer, damit ich nach dem Kampf alle Körperteile von Walujew darin verpacken kann.“

Das wird interessant werden. John Ruiz ist einen Kopf kleiner als der Russe und einen Zentner leichter. Seine Taktik für den Kampf in der Samstagnacht will er nicht verraten. Beim Pressetraining tänzelt Ruiz locker durch den Ring und beschränkt sich auf Andeutungen mit den Fäusten. Auffällig aber ist, dass er im Vergleich zu anderen Kämpfen sein Gewicht reduziert hat. Sehr wahrscheinlich, dass er auf Schnelligkeit getrimmt wurde. Das ist ein probates Mittel gegen sehr große und physisch überlegene Gegner. Sein Management wollte zudem den größtmöglichen Ring, den das Reglement zulässt. In der Schmeling-Halle wird aber ein Ring mit den Standardmaßen (6,50 x 6,50 Meter) stehen. „Die ersten Runden könnten für Niko frustrierend werden“, sagt Walujews Promoter Wilfried Sauerland. Ruiz werde versuchen, seinen Gegner mit schnellen Schlagserien zu überraschen und sich den Gegenattacken zu entziehen. Dafür braucht er Platz im Ring. „Mit steigender Rundenzahl wird sich Nikos Physis durchsetzen, dann werden seine Chancen steigen“, sagt Sauerland.

„Wenn ich die Möglichkeit sehe, werde ich ihn ausknocken“, sagt Ruiz. Zehn Wochen hat er sich in Massachusetts und Las Vegas vorbereitet. „Wir haben eine Geheimwaffe“, wirft dessen Cheftrainer Norman Stone ein. In Deutschland zu boxen, sei kein Problem. „Gegen so einen großen Gegner habe ich zwar noch nie geboxt, aber wenn man ein großer Champion ist, stellt man sich überall auf der Welt jedem Gegner zum Kampf“, sagt Ruiz und schloss das öffentliche Frage-Antwort-Spiel mit einer Bemerkung, die von seinem Manager Don King stammen dürfte: „Der Russe hat einen Kopf so groß wie ein VW – da kann ich ihn ja gar nicht verfehlen.“

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