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Sport: Im Spiegel des Tages: 1. FC Kaiserslautern

Es wird ein ungewohntes Gefühl sein für die Profis vom 1. FC Kaiserslautern, wenn heute Morgen der Bus am Betzenberg abfährt.

Es wird ein ungewohntes Gefühl sein für die Profis vom 1. FC Kaiserslautern, wenn heute Morgen der Bus am Betzenberg abfährt. Fünf Stunden Autobahn, wenn das nur reicht an einem stauintensiven Freitag bis München. An der Rezeption des Hotels diktiert ein Belegungsplan, wer mit wem schläft. Doppelzimmer und Bus statt Learjet und Einzel-Suite, es soll beim 1. FC Kaiserslautern wieder zugehen wie damals, als der Verein noch eine richtige Familie und Andreas Brehme ihr Spaßvogel war. Mittlerweile ist Brehme 39 Jahre alt und seit sechs Tagen Teamchef des Klubs. Vor dem Spiel bei 1860 München setzt er seine Antrittsrede um: "Luxus muss man sich erarbeiten".

Aus toten Teufeln sollten wieder rote Teufel werden, und nichts weckt die Geister im Fußball besser auf als reden, schreien und lachen. Bis vorletzte Woche haben all diese Spieler immer nur auf den Boden geguckt, wenn Otto Rehhagel im Anstoßkreis des Trainingsplatzes seine Bergpredigten hielt. Sie konnten und wollten den Alten nicht mehr hören, er sprach aus einer anderen Welt. Rehhagels Aura förderte Schweigen, Sprachlosigkeit und Duckmäusertum. Nun wird entrümpelt. Aber die Art, wie sie das in Kaiserslautern tun, zeugt nicht von Stil. In ihrem ersten Interview heulten sich die neuen Chefs über die schlechte Verfassung der und über die körperlichen Gebrechen ihres Vorgängers aus. Rehhagel habe unter Seh-Problemen gelitten, sagt der vom Assistent zum Trainer beförderte Reinhard Stumpf. Mussten sie ihm dieses kleine Geheimnis seiner Eitelkeit öffentlich entreißen?

Die Aufräumarbeiten nach über vier Jahren Rehhagel fallen schwerer. Reichen Goodwill und die Sympathien, die der Schütze des WM-Elfmeters von 1990 im fußballverrückten Südwesten genießt, um aus dem 1. FCK wieder einen normalen Klub zu machen? In Bremen dauerte es nach 13 Jahren mit Otto und Beate mehr als vier Jahre (fünf Trainer wurden dabei verbraucht), ehe Werder wieder ein eigenes Gesicht bekam.

Martin Hägele

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