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Sport: Im Theater

Die Posse um Wolfgang Overath und den 1. FC Köln

Wer sich umschaut im Geißbockheim, dem Zuhause des 1. FC Köln, der bekommt schnell ein Gefühl dafür, warum die vielen Fans dieses Klubs so gern von früher schwärmen. Die Wände der großräumigen Vereinsgaststätte zieren fast ausschließlich schwarz-weiße Fotos, die meisten sind mindestens ein Vierteljahrhundert alt. Sie zeigen die Formationen, mit denen der FC 1962, 1964 und 1978 Deutscher Meister wurde und – in blütenweiße Trikots gehüllt – als Real Madrid des deutschen Fußballs galt.

Wer diese Fotografien betrachtet, der ahnt auch, wie es jetzt zur Posse um den angeblich neuen Vereinschef Wolfgang Overath kommen konnte. Nach dreistündigen Verhandlungen hat es Overath, Repräsentant früherer Glanzzeiten, abgelehnt, im Klub als Spitzenmanager mit weitreichenden Befugnissen zu wirken. „Weil ich nicht Präsident werden konnte“, sagte Overath. „Ich bedauere unendlich, dass wir nicht zusammengekommen sind“, sagte der FC-Präsident Albert Caspers, der nicht zurücktreten wollte.

Es war ein Theaterstück mit Intrigen, Ränkespielen, Umsturzversuchen und einer unverhofften Wendung. Der 81fache Nationalspieler hatte eine Art Palastrevolution angezettelt und Caspers in einem Vier-Augen-Gespräch zum Rücktritt aufgefordert. Hinter sich wähnte Overath, der selbst Präsident werden wollte, einige Mitglieder des Verwaltungsrats, des mächtigsten Vereinsgremiums.

Vor allem aber durfte er sich auf die örtlichen Zeitungen stützen, die mit dem Abstieg des Tabellenletzten der Fußball-Bundesliga erneut Auflageverluste befürchten. Overath wurde von ihnen wie ein Heiland gefeiert. Allen voran von der „Bild“-Zeitung, der Overath traditionell nahe steht und die in Köln, seitdem Caspers sowie die Manager Andreas Rettig und Claus Horstmann den Ton angeben, vom Fluss der Exklusiv-Storys abgeschnitten war. Und Verleger Alfred Neven DuMont („Express“, „Kölner Stadt-Anzeiger“, „Kölnische Rundschau“) hatte bereits im Herbst beim 60. Geburtstag Overaths einen öffentlichen Brief an das Kölner Idol formuliert. Tenor: Früher war der FC noch Weltklasse – und alles war besser. Deshalb, Wolfgang, hilf dieser Stadt, den dahinsiechenden Klub vor dem Untergang zu retten. Dass Overath über kein Konzept verfügte und noch nie im Fußball-Management tätig war, geriet zur Marginalie.

Als nun Overath per Handstreich den Klub übernehmen wollte, bot ihm die Vereinsführung an, Vizepräsident oder „Geschäftsführer und Vorsitzender der Geschäftsführung der Verwaltungs GmbH“ zu werden, was eine Degradierung der beiden Manager Rettig und Horstmann bedeutet hätte. Aber letztlich scheiterte der Deal daran, dass Overath unbedingt Präsident werden und „das alleinige Sagen haben wollte“, wie Caspers berichtete.

„Wir haben uns tagelang kleiner gemacht, als wir sind“, sagte Rettig. Die Übersetzung dieses kryptischen Satzes kann nur heißen: Wir haben tagelang vor einem Alt-Nationalspieler gebuckelt, obwohl wir es eigentlich nicht nötig haben. Der Verein war freilich gezwungen, so zu handeln. Denn die angebotene Hilfe dieses Idols darf in Köln keiner abschlagen.

In der Stadt der Hybris werden einige Dinge immer wiederkehren. Der Karneval, der Klüngel – und, wenn es kriselt beim FC, auch der Name Overath.

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