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Sport: Immer weiter

Der Berliner Zehnkämpfer André Niklaus erarbeitet sich in Götzis Rang vier

Wenn Zehnkämpfer nach jeder missratenen Disziplin Trübsal blasen würden, hätte mancher gar keine Zeit mehr, seinen Wettkampf zu beenden. Die erste Lektion: abhaken und weitermachen. Das dachte sich auch André Niklaus beim Internationalen Mehrkampfmeeting in Götzis nach dem Weitsprung. Denn den hatte der Berliner in seinem ersten Wettkampf nach dem Hallen-WM-Titel in Moskau mit 6,99 Meter in den Sand gesetzt. Dass er dennoch 8239 Punkte sammelte und auf Rang vier landete, zeugt davon, dass er genau das kann, was gute Mehrkämpfer können müssen: eine kurze Erklärung finden („Ich hatte Probleme mit meinem Fuß und war deshalb unsicher“), vergessen und weiterkämpfen.

Was ihm dabei hilft, ist seine positive Einstellung und sein heiteres Wesen. Und er kann kämpfen. Das hat er auch wieder in Götzis gezeigt. Trotz des Patzers im Weitsprung, hatte er am ersten Tag nur 43 Punkte Rückstand auf seinen bisher besten Zehnkampf – und startete am zweiten Tag eine Aufholjagd. 14,28 Sekunden über 110 Meter Hürden, 45,36 Meter im Diskus und 5,10 Meter im Stabhochsprung – auf den letzten Versuch bei 5,20 Meter verzichtete er sogar, um bei regennasser Bahn nichts zu riskieren. „Das wäre Harakiri geworden“, sagte er und ließ 60,80 Meter mit dem Speer und 4:29,48 Minuten über 1500 Meter folgen. Es war nach Punkten sein zweitbester Zehnkampf.

Eine gute Basis für größere Aufgaben, aber kein Grund für Jubelstürme. „Ein paar Punkte mehr hätte ich schon gerne gehabt“, sagte er. Seine Fußverletzung habe ihn stark behindert. „Ich hatte richtig Schmerzen.“ Dennoch ist er auf einem guten Weg, auch wenn Götzis eine andere Herausforderung bedeutete als der Hallen-Siebenkampf in Moskau. „Hier ging es bei Null los, und ich musste mich wieder neu beweisen. Und ich hatte drei Disziplinen mehr“, sagt er grinsend. Dennoch sieht man ihm die Lust an, die in ihm steckt, wenn er wirft, stößt oder springt. „Ich war total heiß auf Götzis, egal, ob es geschneit oder geregnet hätte“, schwärmte er. Das zweite war dann auch der Fall – ab dem Stabhochsprung goss es in Strömen. Aber er ist es schon gewohnt: Seine Bestleistung von 8316 Punkten fabrizierte er in Helsinki auch im Dauerregen und bei etwa 10 Grad.

Bis auf den US-Amerikaner Tom Papas und den Weltranglistendritten von 2005, Kristjan Rahnu aus Estland, war in Götzis die Zehnkampf-Elite zugegen. Der tschechische Weltrekordhalter Roman Sebrle war allerdings angeschlagen an den Start gegangen und musste nach dem Kugelstoßen aufgeben. „Ich habe Oberschenkelprobleme und wollte im Hinblick auf die EM in Göteborg nichts riskieren“, sagte der Sieger der vergangenen fünf Jahre. Ob er Bryan Clay geschlagen hätte, wäre ohnehin fraglich gewesen. Denn der Weltmeister aus den USA befindet sich in guter Form und hatte mit 8677 Punkten fast 400 Zähler Vorsprung vor Dimitry Karpov aus Kasachstan (8293) und dem Jamaikaner Maurice Smith (8239).

Niklaus wagte nebenbei in seiner Paradedisziplin Stabhochsprung auch noch Experimente, setzte neue Stäbe ein, die härter und länger waren als die alten. „In Göteborg muss alles sitzen“, sagte der Berliner. In Götzis war André Niklaus immerhin schon der beste Europäer.

Ursula Kaiser[Götzis]

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