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Sport: In aller Nüchternheit

Bayern gewinnt 2:0 gegen Frankfurt – mehr nicht

Roy Makaay stieß Martin Demichelis zur Seite, auf seinem hastigen Marsch vom gegnerischen Strafraum zur Mittellinie verwahrte er sich gegen jeden Versuch tröstlichen Zuspruchs. Soeben hatte man ihn um ein Tor betrogen, was nach der Moralvorstellung von Torjägern gleich nach Kapitalverbrechen kommt, und das Perfide war, dass ein Mitspieler der Schuldige war: Es handelte sich um Claudio Pizarro, der vorsätzlich gegen die geltende Verabredung verstoßen hatte, dass es bei den Bayern ausdrücklich Makaay vorbehalten ist, Strafstöße zu schießen.

Doch nachdem der Peruaner in der 44. Minute einen Elfmeter herausgeholt hatte, verweigerte er die Ballübergabe an Makaay. Dezent schob er den Holländer zur Seite, woraufhin der finsteren Blickes von dannen schritt, mehrfach energisch abwinkend. Pizarro strafte er mit konsequentem Desinteresse, die Ausführung des Elfmeters weigerte er sich anzuschauen. Sekunden später durfte sich Makaay bestätigt fühlen: Pizarro verschoss.

Da die Bayern zu jenem Zeitpunkt bereits 2:0 führten und dieses Ergebnis bis zum Abpfiff mühelos beaufsichtigten, war der emotionale Zwischenfall am Ende zur Petitesse geschrumpft. Doch jenes Nicht-Tor stand am Ende exemplarisch für eine Münchner Mannschaft, die einen Tag nach dem fulminanten Auftritt des Konkurrenten Werder Bremen abermals den Eindruck hinterließ, sich mit dem Nötigsten zufrieden zu geben. „Und damit sind wir dann bei dem, was mir nicht gefallen hat in diesem Spiel“, sagte Bayerns Trainer Felix Magath, „dass wir nämlich in der zweiten Halbzeit das 2:0 nur noch nach Hause schaukeln wollten.“

Eine grundsätzliche Differenz zwischen dem eigenen Leistungsvermögen und dem des Tabellenführers wollten die Bayern jedoch nicht erkennen. Werder habe zuletzt „ein paar Tore mehr geschossen“, sagte Philipp Lahm betont unbeeindruckt, „aber sonst fehlt uns da nichts“. Auch Magath warnte vor voreiligen Diagnosen: „Wir schreiben Oktober 2006, da ist es nicht nur bis zum Saisonende noch lange hin, sondern auch bis Weihnachten.“ Genug Zeit also für Bremen, demnächst noch mal einzubrechen.

Dennoch hätte sich Münchens Trainer ein energischeres Drängen auf weitere Tore gewünscht. „Wer weiß, vielleicht kommt es am Ende auf die Tordifferenz an“, sagte Magath. Dass seine Elf stattdessen bei der Ergebnisverwaltung Kraft für das Champions-League-Spiel am Dienstag gegen Sporting Lissabon sparen konnte, lag vor allem an einem Gegner, der zwar „in den ersten 20 Minuten ganz ordentlich gespielt“ hatte, wie Frankfurts Trainer Friedhelm Funkel befand, sich jedoch spätestens nach dem Feldverweis für Aleksandar Vasoski (64.) ziemlich widerstandslos seinem Schicksal fügte.

Die Bayern, träge gestartet, hatten das Spiel binnen fünf Minuten entschieden. Nach einem Fehler von Torwart Oka Nikolov staubte Makaay zur Führung ab; wenig später leitete der Niederländer mit einem feinen Rückpass auf Mark van Bommel auch das 2:0 ein. „Ich freue mich sehr für Roy“, sagte Magath über den stärksten Münchner, „vielleicht bekommt er ja in diesem Jahr endlich auch einmal die Torjägerkanone.“ Dass ihn Pizarro bei dieser Mission aktiv behinderte, hatte Makaay seinem Sturmpartner offenbar auch nach dem Abpfiff noch nicht verziehen. Nach dem Duschen verschwand er kommentarlos aus dem Stadion. Bislang hat Roy Makaay in der Öffentlichkeit ausschließlich freundliche Dinge über Kollegen gesagt. Vermutlich erschien ihm Schweigen diesmal als einzige Möglichkeit, seiner Linie treu bleiben.

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