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Sport: In der Bedenkzeit

Der 1. FC Köln entlässt Latour und spricht mit Daum

So musste es wohl kommen. Dass Hanspeter Latour, seit Januar Trainer des Zweitligisten 1. FC Köln, nicht mehr zu halten war nach der 1:3-Pleite in Koblenz und der erbärmlichen 0:1-Heimniederlage gegen Erzgebirge Aue, dazu bedurfte keiner prophetischen Gabe. Fünf Punkte Rückstand auf den angestrebten Aufstiegsplatz, gar zwölf Zähler auf den Tabellenführer Karlsruher SC – Kölns Manager Michael Meier konnte gestern nur das Unvermeidliche verkünden: die Entlassung. Meier betonte abschließend die „gute Zusammenarbeit“ mit dem urigen Schweizer, den er, als erste Handlung in seinem Amt als FC-Manager, vor gut zehn Monaten überraschend eingestellt hatte. Latour saß mit versteinerter Miene daneben. „Ich war überzeugt davon, das Schiff wieder auf Kurs zu bringen“, erklärte der 59-Jährige. Christoph Daum könnte ihm nachfolgen.

Für das Spiel beim SC Freiburg am Sonntag werde eine „Interimslösung“ angestrebt, erklärte Meier. Namen nannte der Geschäftsführer nicht, aber Lokalreportern gegenüber hat der frühere Nationalspieler Stefan Engels schon erklärt, er werde als Coach in den Breisgau reisen. Warum Meier nicht aussprach, was alle wussten, blieb mysteriös – genau wie die Abwesenheit von Klubpräsident Wolfgang Overath. Spätestens auf der Jahreshauptversammlung am 21. November wird sich auch Overath erklären müssen.

So blieb es Meier vorbehalten, die Öffentlichkeit darüber zu informieren, dass der Verein Kontakt mit Christoph Daum aufgenommen hat, der sich derzeit in einer Kölner Klinik von einer Mandeloperation erholt. „Ich habe Christoph Daum im Krankenhaus aufgesucht und ihm die Situation beim 1. FC Köln mitgeteilt“, berichtete Meier, und dass Daum aufmerksam zugehört und „sich Bedenkzeit ausbedungen“ habe. Wie lange, konnte Meier nicht beantworten.

Dass der dreimalige Deutsche Meister bei Daum angefragt hat, ist spektakulär. Denn seit Daums „Kokain-Affäre“ aus dem Jahr 2000, die ihn den Job als Bundestrainer kostete, sind dem 53-Jährigen zwar häufig Gespräche mit deutschen Klubs nachgesagt worden. Ein offizielles Angebot lag dem Erfolgscoach aber nicht vor. Die Frage lautet nun, ob der fachlich unumstrittene Daum, der den VfB Stuttgart (1992), Besiktas Istanbul (1995), Austria Wien (2003) und Fenerbahce Istanbul (2004, 2005) zur Meisterschaft coachte, sich in die Niederungen des Zweitligafußballs begibt. Eine zentrale Voraussetzung dafür dürfte sein, ob der Klub das nötige Geld zusammenklaubt, den Trainer zu bezahlen – und das Personal, das ihm vorschwebt.

Die bizarre kölsche Fußballseele, die immer irgendwo zwischen Größenwahn, Selbstironie, Enthusiasmus und Hingabe oszilliert, ist Daum bestens bekannt. Zwischen 1986 und 1990 trainierte er den Klub, und bis heute wohnt er in Köln.

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