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Sport: In der Heimat, aber nicht zu Hause

Der Formel-1-Pilot Fernando Alonso hat ein schwieriges Verhältnis zu Spanien.

„Alonso, Alonso“ – sie schreien sich die Seele aus dem Leib, nicht nur einmal, sondern minutenlang, die Gruppe von etwa 30 jungen Fans mit spanischen Fahnen und Fernando-Alonso-Transparenten. Sie hatten sich auf einem Gang des Boxengebäudes in Barcelona oberhalb der McLaren-Mercedes-Transporter versammelt. In der Hoffnung, wenigstens einen kurzen Blick auf ihren Helden zu erhaschen, ein Foto, vielleicht sogar ein Winken nach oben von dem zweimaligen Weltmeister. Der an diesem Wochenende stattfindende Grand Prix in Barcelona ist seit Wochen ausverkauft, in Valencia wird es ab dem nächsten Jahr einen zweiten WM-Lauf auf spanischem Boden geben. Auf der iberischen Halbinsel erlebt die Formel 1 einen Boom wie zu Beginn der neunziger Jahre in Deutschland mit Michael Schumacher.

Und die Fans hier an der Strecke feiern ihn – obwohl das Verhältnis zwischen Fernando Alonso und seinem Heimatland manchmal ein kompliziertes ist. Offiziell sagt Alonso zwar immer wieder, wie wichtig ihm sein Heimrennen sei. „Wenn ich mir ein Rennen aussuchen könnte, dass ich unbedingt gewinnen will, dann wäre das mit Sicherheit der Große Preis von Spanien“, sagt er. Aber zum neuen Rennen in Valencia meint Alonso nur, dass das für den spanischen Motorsport schön sei. Für ihn persönlich aber, der inzwischen in der Schweiz und in England lebt, sei es ziemlich egal, ob er in einen Flieger nach Valencia oder in einen nach Italien steige.

Dass Alonso ein zwiespältiges Verhältnis zu seiner spanischen Heimat hat, kommt immer wieder zum Vorschein. Das hat hauptsächlich mit dem Hype zu tun, der in Spanien um Alonso gemacht wird. Und der dem eher zurückhaltenden Menschen Alonso häufig zu viel wird. Die spanischen Boulevardmedien stürzen sich auf das Privatleben von Alonso, die Fans reißen sich um ihn. So sehr ärgert sich Alonso über das seiner Meinung nach unberechtigte Eindringen in seine Privatsphäre, dass er manchmal überreagiert und sich noch stärker abschirmen möchte, als das in seiner Position überhaupt möglich ist. Manchmal schaltet Alonso aus Angst vor dem großen Wirbel in seiner Heimat schon im Voraus auf Abwehr, auch wenn das gar nicht nötig wäre: Bei Tests in Spanien zum Beispiel sprintete er zwischen Motorhome und der Garage vor der Box hin und her, um den wartenden Autogrammjägern zu entkommen, obwohl dort nicht mehr standen als anderswo auch – wo er die Wünsche durchaus erfüllt.

„Ich trete doch öffentlich immer sehr positiv für Spanien auf, habe sicher sehr viel für das Image meines Landes getan, warum kann man mich da in meinem Privatleben nicht in Ruhe lassen?“, fragt Alonso. Im vergangenen Winter hatte er versucht, seine Hochzeit mit der in Spanien sehr bekannten Popsängerin Raquel del Rosario völlig geheim zu halten – und damit erreicht, dass das Interesse noch größer wurde.

Dass Alonso letzte Woche bei den Tests in Barcelona nur eine einzige Runde fuhr, weil es am Testtag regnete, McLaren-Mercedes unter solchen Bedingungen schon genügend Daten gesammelt hatte, und jede weitere Runde nur unnötiger Verschleiß der Reifen gewesen wäre, ist aus sportlicher Sicht nachvollziehbar. Aber es waren halt an jenem Tag 6000 Zuschauer an die Strecke gekommen – nur wegen Alonso. Logisch, dass Alonsos kurzes Auftreten für Kritik sorgte. Mit einem Sieg in Barcelona wäre das aber schnell vergessen.

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