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Sport: In die Zukunft gestürzt

Zwei deutsche Eiskunstläufer streiten um einen WM-Startplatz

Budapest (Tsp). Die Zukunftshoffnung hat sich schon einen Platz in der Geschichte des deutschen Eiskunstlaufs gesichert. Stefan Lindemann hat bei der Europameisterschaft in seiner Kurzkür einen vierfachen Toeloop gestanden. Das gehört bei den internationalen Spitzenläufern zum Standardrepertoire, vor Lindemann war es aber noch nie einem Läufer der Deutschen EislaufUnion (DEU) gelungen.

Vor der heutigen Kür liegt der ehemalige Junioren-Weltmeister Lindemann auf dem siebten Platz, dennoch muss er um seinen Start bei der Weltmeisterschaft im März in Dortmund bangen. Die DEU darf nur einen Startplatz vergeben, und auf Rang sechs liegt Andrejs Vlascenko. „Für beide ist noch alles drin. Jetzt stacheln sie sich gegenseitig an“, sagte DEU-Präsident Reinhard Mirmseker, der sich über die guten Leistungen der beiden Läufer freute: „Hinter Russland und Frankreich sind wir die stärkste Nation bei den Männern in Europa.“

Dabei hat Stefan Lindemann noch eine bessere Platzierung verschenkt. Doch weil sich der 23-Jährige zu sehr auf den vierfachen Toeloop konzentriert hatte, patzte er danach beim dreifachen Axel, den er nur einfach sprang. „So etwas darf nicht passieren. Da sieht man, dass unsere Läufer noch ein gutes Stück von den russischen Stars entfernt sind“, sagte Mirmseker. Lindemann, der sich vor allem im künstlerischen Ausdruck weiterentwickelt hat, war ratlos: „Ich bin in guter Trainingsform, es ist mir ein Rätsel.“ Seine Trainerin Ilona Schindler war sogar richtig wütend. „Er hat zu viel nachgedacht“, lautete ihre Analyse. Tatsächlich hätte Lindemann locker an Vlascenko vorbeilaufen können, denn der sechs Jahre ältere Routinier hatte nur eine vergleichsweise einfache Kombination aus Dreifach-Axel und Doppel-Toeloop aufs Eis gebracht. Trotzdem liegt der 29-Jährige auf dem sechsten Rang, und das ist ein großer Vorteil. Die besten sechs Läufer starten bei der heutigen Kür in der letzten Gruppe, die traditionell die vorderen Plätze unter sich ausmacht. Zudem hat Vlascenko, der seit fast zehn Jahren in Deutschland lebt, bei den internationalen Preisrichtern wegen seiner eleganten Laufweise einen Bonus.

Den Funktionären der DEU, die als Kriterium für die Qualifikation zur WM mindestens den achten Platz festgelegt hat, wäre es lieber, wenn sich der jüngere Lindemann qualifizieren würde. „Stefan hat die längere Perspektive, aber wir können ihm nichts schenken“, sagte Präsident Mirmseker, der von Vlascenko schon seit Jahren den international üblichen Vierfach-Sprung fordert. Der in Weimar geborene Sohn eines russischen Offiziers vertraut dagegen auf seine einstudierten Sprungfolgen. Außerdem ist Vlascenko kein Mann für die Zukunft, er will nach dieser Saison seine Karriere beenden. Aber gerade deshalb ist er besonders motiviert. „Ich werde kämpfen, denn ich möchte einen schönen Abschluss bei der WM in Dortmund“, sagt Vlascenko.

Sollte wider Erwarten keiner der beiden Läufer unter die ersten Acht kommen, würde es noch zu einer internen Ausscheidung kommen. Und dann hätte das Auslaufmodell Vlascenko vor einer Jury mit deutschen Juroren wohl die schlechteren Karten.

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