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Sport: In tiefer Abneigung

Herthas Trainer Babbel mag 1860 München nicht – das war schon zu Jugendzeiten so

Berlin gibt sich ein bisschen bayerisch in diesen Tagen, mit viel Schnee und kalter Luft, wie man es aus den Bergen kennt und auch aus dem Voralpenland, wo Markus Babbel aufgewachsen ist. Am Freitag hat es in München noch geschneit, für heute sagt der Wetterbericht Sonnenschein voraus, und am Sonntag sollen die Temperaturen sogar über den Nullpunkt klettern. Bestes Fußballwetter, schwärmt Markus Babbel, „wunderschön mit blauem Himmel“, und das pünktlich zum Spiel von Hertha BSC gegen die Blauen, wie sie den TSV 1860 in München nennen. Sechzig ist bis heute der Verein der kleinen Leute, verehrt und geliebt von der Stadtbevölkerung, nur nicht von Markus Babbel. Herthas Trainer verbringt die spiel- und trainingsfreien Tage meist mit seiner Familie in München, aber über den TSV 1860 hat er nicht viel zu sagen außer: „Das ist ein Klub, den ich nicht mag.“

Eigentlich ist Markus Babbel auch kein echter Münchner, sondern nur dort geboren, aufgewachsen ist er in Gilching ein paar Kilometer südwestlich der Stadtgrenze. Schon das hat ihn zu einer Karriere bei den Roten vom FC Bayern prädestiniert. Mal abgesehen von seinem bemerkenswerten Talent, das den elfjährigen Markus zu Beginn der Achtziger bei seinem Wechsel vom TSV Gilching-Argelsried schon mal deshalb nicht zu den Löwen führen konnte, weil die damals zwischen Zweiter und Bayernliga pendelten und keine angemessene Perspektive für einen künftigen Profi boten.

An die Begegnungen mit den Blauen denkt Babbel nicht allzu gern zurück – „das war oft unter der Gürtellinie, auch schon bei Jugendspielen. Einmal haben irgendwelche Eltern von denen den Platz gestürmt, nur weil wir es gewagt haben, ihre Jungs im Spiel ein bisschen härter ranzunehmen.“ Später, bei den Profis, hat er mal ein Derby anmoderiert mit der Bemerkung, ob der TSV 1860 nun in der Liga bleibe oder womöglich unter Mithilfe des FC Bayern, absteige, „ist mir persönlich egal, ich war immer ein Roter“. Das hat seine Beliebtheitswerte beim blauen Anhang nicht unbedingt gesteigert. Ein anderes Mal schoss der Innenverteidiger Babbel eines seiner raren Tore gegen die Sechziger. Sein letztes Derby liegt jetzt schon zehn Jahre zurück, es endete mit einer 1:2-Niederlage für die Bayern, weil ausgerechnet dem früheren Sechziger Jens Jeremies ein Eigentor unterlief. Danach ging Babbel in die Premier League zum FC Liverpool, und der TSV 1860 verabschiedete sich ein paar Jahre später in die Zweite Liga.

Seitdem hatten Markus Babbel und die Blauen keinen wettkampfnotierten Kontakt, aber die Abneigung ist geblieben. „Mit den Spielern oder Funktionären habe ich keine Probleme“, aber ein jeder Klub sei nun mal von einer gewissen Aura umgeben, und die des anderen Münchner Vereins vertrage sich nun mal nicht mit seiner Wahrnehmung. Auch der TSV 1860 hatte vor dieser Saison nach einem neuen Trainer gefahndet. Aber selbst wenn es für Babbel mit Hertha nicht geklappt hätte, wäre er auf keinen Fall an die Grünwalder Straße gewechselt, wo der TSV 1860 sein Trainingsquartier hat. „Auch für einen Trainer gibt es gewisse No-Gos“, sagt Babbel.

Das „Löwenforum“ des TSV 1860 kündigt das Spiel gegen Hertha an als „Besuch der alten Dame“ und rechtfertigt den wahrscheinlich schwachen Besuch mit dem Hinweis: „Es ist ja nicht so, dass man mit Lell und Babbel richtige Weltstars sehen kann.“ Christian Lell ist der zweite gebürtige Münchner im Berliner Team, auch er ein ehemaliger Profi des FC Bayern. Ob er am Sonntag spielen kann, ist noch nicht ganz sicher. Am Freitag musste der Außenverteidiger wegen eines grippalen Infekts im Training passen. Auch der Einsatz des an der Wade verletzten Brasilianers Raffael ist noch ungewiss, Innenverteidiger Sebastian Neumann kann die Reise nach München wegen einer Bänderdehnung im Sprunggelenk gar nicht erst antreten.

Macht nichts, sagt Markus Babbel und dass er trotz aller personellen Probleme eine Mannschaft aufbieten werde, die stark genug sei für drei Punkte in München. Am Montag hat er sich im Fernsehen das Gastspiel der Sechziger in Fürth angeschaut, aber das könne man vergessen, sagt Babbel, was im Übrigen keineswegs als Geringschätzung eines ewigen Roten gegen die Blauen zu werten ist. Es war einfach kein reguläres Fußballspiel, denn auf dem Platz in Fürth lag eine dicke Schneeschicht. Also hat sich Babbel zur Spielvorbereitung lieber andere Sequenzen angeschaut, sie spielen alle auf einem Rasen so grün, wie er auch am Sonntag zu erwarten ist.

Denn so bayerisch verschneit wie dieser Tage in Berlin wird sich die High-Tech-gesteuerte Münchner WM- Arena auf keinen Fall präsentieren.

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