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Sport: In Unterzahl das Spiel gedreht

Mit zehn Mann gewinnt Energie Cottbus das Abstiegsduell gegen Hansa Rostock in den letzten zehn Minuten noch mit 2:1

Von Karsten Doneck, dpa

Freude setzt manchmal ungeahnte Kräfte frei. Da rutschte Dimitar Rangelow mit zum Jubeln erhobenen Armen auf dem Hosenboden zur Eckfahne. Die Mitspieler eilten mit einem Tempo auf ihn zu, das ihnen in der Nachspielzeit eines hochintensiven und dramatischen Bundesligaspiels wohl keiner mehr zugetraut hätte. Rangelow tauchte inmitten einer Traube von roten Trikots unter, Energie Cottbus hatte kaum Mögliches möglich gemacht: Nach einer berechtigten Gelb-Roten Karte gegen Igor Mitreski in der 41. Minute drehten die Lausitzer in dem für den Abstiegskampf so eminent wichtigen Heimspiel gegen Hansa Rostock einen 0:1-Rückstand in Unterzahl noch um und gewannen 2:1 (0:1). Kulmination aller Dramatik: Das Siegtor schoss Rangelow erst in der Nachspielzeit.

Das Ende für Rangelows lange Leidenszeit? Der Cottbuser Stürmer hatte wegen eines Bandscheibenvorfalls seit Januar pausiert, er befindet sich eher noch in der Endphase der Re-Integration. Gegen Rostock wechselte ihn Trainer Bojan Prasnikar ungeachtet solcher Vorbehalte ein. 71. Minute, in Unterzahl spielend, 0:1-Rückstand – da kann ein Trainer nicht viel verkehrt machen. Prasnikars Austausch geriet zu einem Glücksgriff. Statt nach dem späten Ausgleich durch einen Kopfball von Timo Rost die gewöhnliche Unentschieden-Mentalität an den Tag zu legen, setzten die Cottbuser gegen wankende Rostocker nach. Und dann traf Rangelow tatsächlich, per Kopf, Stiven Rivic hatte geflankt. Die Rettung vor dem Abstieg ist das, laut Prasnikar, noch längst nicht. „Wir haben doch gesehen: Fußball ist unglaublich“, sagte er, sichtlich bewegt, nach dem Abpfiff.

Cottbus kam beim Siegtor entgegen, dass sich Hansa-Torwart Stefan Wächter kurz zuvor eine Knieverletzung zugezogen hatte und sichtlich behindert zwischen den Pfosten durchhielt. Hansa hatte schon dreimal ausgewechselt, und erst nach dem 1:2 gab der schwer humpelnde Wächter seine Torwarthandschuhe an Verteidiger Tim Sebastian ab. Aber Frank Pagelsdorf, der Trainer, sah das nicht als Grund für die Niederlage. „Wir haben es nicht verstanden, in der zweiten Halbzeit Ruhe reinzubringen. Gerade mit einem Mann mehr auf dem Platz, müssen wir strukturierter spielen“, klagte er. Dabei hatte sich Hansa eine gute Basis geschaffen durch das frühe Führungstor von Djordjije Cetkovic in der 16. Minute.

Nun aber ist Rostock Tabellenvorletzter, und Pagelsdorf rät vor den letzten vier Spielen: „Wir müssen jetzt die Ärmel hochkrempeln, die Mannschaft darf sich nicht unterkriegen lassen.“ Hört sich stark nach Durchhalteparole an. Es musste jeden der rund 3000 mitgereisten Fans aus Rostock erschrecken, wie die Mannschaft in der zweiten Halbzeit nichts mehr auf die Reihe bekam. Und doch hätte Rostock gewinnen können, aber Energies Torwart Gerhard Tremmel verhinderte bei Kontern mit zwei Glanzparaden gegen Heath Pearce und Sebastian Hähnge das 0:2. Andererseits hatte Rostock auch Glück: Der Cottbuser Ivan Radeljic scheiterte zweimal an der Latte, Vragel da Silvas Kopfball wehrte Hansas Tobias Rathgeb auf der Linie ab.

Erfreulich, dass auf den Rängen im Stadion der Freundschaft bei strahlendem Sonnenschein eine relativ entspannte Atmosphäre herrschte. Die Polizei hatte schon auf dem Weg zum Stadion eine fast Furcht einflößende Präsenz gezeigt, durch weiträumige Straßensperren konnten die befürchteten Zusammenstöße rivalisierender Fangruppen verhindert werden. Oder hatte vielleicht deeskalierend gewirkt, dass ein Großteil der Einsatzwagen der Polizei in Blau-weiß herumstand? Das sind schließlich auch die Vereinsfarben von Hansa Rostock.

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