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Sport: „In Wahrheit Katzenpisse“

Brasilien wartet auf den ersten Sieg unter Scolari.

London - Die brasilianische Nationalmannschaft betreibt auf ihrer Welt-Tournee 15 Monate vor der Heim-WM schlechte Eigen-PR. Das glückliche1:1 gegen Russland vor etwas mehr als 35 000 Zuschauern an der Londoner Stamford Bridge am Montagabend war da sinnbildlich: So spielt kein fünfmaliger Fußball-Weltmeister und schon gar kein Titelkandidat. Der neue und alte Nationaltrainer Luiz Felipe Scolari steht mit seiner Begeisterung über die Entwicklung des Teams ziemlich allein da. „Wir sind auf jeden Fall auf dem richtigen Weg“, behauptete der 64-Jährige, der in seiner zweiten Trainer-Ära nach drei Spielen weiter sieglos ist.

Bisher stehen ein 1:2 gegen England, ein 2:2 gegen Italien und das 1:1 gegen die Sbornaja zu Buche. Brasiliens Sportblatt „Lance!“ rechnete sorgenvoll vor, dass Scolari viel schlechter als seine Vorgänger Mano Menezes und Carlos Dunga gestartet sei. Die Zeitung schreckte nach dem „Festival der Fehlpässe“ auch nicht mehr vor Kritik an Neymar zurück, dem angehenden Weltstar des FC Santos und möglichen Aushängeschild der WM 2014. „Wie lange noch ist Neymar unantastbar?“, fragte das Blatt. Der britische „Guardian“ unkte, Neymar sei vielleicht nur eine dieser „Übersee-Fantastereien“. Gegen England in Wembley und nun erneut in London blieb der 21-Jährige jeweils blass. „Neymar ist der Justin Bieber des Fußballs. Brillant bei Youtube. In Wahrheit Katzenpisse“, twitterte Englands „Bad Boy“ Joey Barton. Die enttäuschten brasilianischen Fans an der Stamford Bridge sahen es ähnlich. Neymar musste sich „Pipoqueiro“-Sprechchöre anhören. Als „Popcorn-Macher“ werden in Brasilien Großmäuler betitelt, die unter lautem Knallen viel versprechen, im entscheidenden Moment aber versagen.

Luiz Felipe Scolari, Weltmeister-Coach von 2002, kritisierte am Montagabend erneut den Terminkalender mit den zig Gastspielen in Übersee – aber genau die wünschen sich die mächtigen Sponsoren. Immerhin stehen vor dem Confed-Cup im eigenen Land (15. bis 30. Juni) nur noch Heimspiele an: gegen Chile (24. April), erneut gegen England und gegen Frankreich.

Und wo bleibt das Konzept von Scolari? Bisher Fehlanzeige. Typisch war gegen Russland, dass mit Fred einmal mehr ein Altstar den Ausgleich in der 90. Minute erzielte. Mit seinem vierten Tor im vierten Länderspiel hintereinander bewahrte der 29-Jährige seine Mannschaft vor der ersten Niederlage gegen die Russen. Ebenso typisch war, dass sich die Abwehr beim Gegentor durch Viktor Fayschulin (73.) wieder einmal dilettantisch anstellte. Bayern-Profi Dante, in der Bundesliga der überragende Verteidiger dieser Saison, musste sich das Ganze von der Bank aus anschauen. Das Internet-Portal „Terra“ fällte ein vernichtendes Urteil über den Rekordchampion: „Eineinhalb Jahre vor der WM 2014 ist der Horizont für das Team von Felipão düster.“dpa

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