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Sport: Ins Stammbuch der vermeintlichen Ballzauberer

BIELEFELD .Gequält verdrehte Fahed Dermech die Augen.

Von Karsten Doneck, dpa

BIELEFELD .Gequält verdrehte Fahed Dermech die Augen.Der Gedanke an die bevorstehende Heimreise erschien ihm doch wenig verlockend.Eine über 400 Kilometer lange Busfahrt bei Nacht und Nässe, noch dazu auf einer Autobahn wie der A 2, auf der wegen endloser Baustellen Tempo 80 fast überall Pflichtgeschwindigkeit ist.Aber Dermech gilt nicht als Miesepeter.Also gewann der tunesische Mittelfeldspieler im Dienste des Fußball-Zweitligisten Tennis Borussia der Tour aus Bielefeld nach Berlin auch noch etwas Gutes ab: "Da haben wir alle wenigstens genügend Zeit, über das ein oder andere noch einmal gründlich nachzudenken."

Stoff zum Nachdenken für mehr als 400 Kilometer hatte den TeBe-Profis das 1:3 im Spitzenspiel bei Arminia Bielefeld allemal geliefert, auch wenn die Verantwortlichen sich erst einmal im Abwiegeln übten."Es ist doch überhaupt nichts passiert", beschwichtigte Borussen-Manager Jan Schindelmeiser, "wir haben auswärts gegen einen sehr starken Gegner verloren, na und?" Auch Hermann Gerland, der Trainer, siedelte das Ergebnis zwischen Zweitliga-Aufsteiger und Bundesliga-Absteiger im Bereich der Fußball-Normalität an."Gegen diesen Gegner kann man verlieren, deren Mannschaft ist mehr als doppelt so teuer im Vergleich zu unserer." Daß die Etats der Vereine aber nicht allein über Sieg oder Niederlage entscheiden, hatte TeBe selbst unlängst beim Pokalsieg über Hertha BSC nachgewiesen.

So blieb die Kardinalfrage: Wie kam nach einer halben Stunde dieser eklatante Bruch ins TeBe-Spiel? Der Spielverlauf gliederte sich, dem Eishockey nicht unähnlich, in drei Drittel von je 30 Minuten Dauer und wechselseitiger Dominanz.In der ersten Phase gab TeBe gegen eine merkwürdig konfus wirkende Bielefelder Elf den Ton an, führte durch Dermech früh mit 1:0."Mit diesem Tor im Rücken schien manches zu einfach.Da wollten einige von uns die Bielefelder mit spielerischen Mitteln vorführen.Das können wir aber nicht", schrieb Schindelmeiser den vermeintlichen Ballzauberern aus den eigenen Reihen ins Stammbuch.Und: "Zum Teil sah das bei uns auch schon nach Überheblichkeit aus." Es folgte prompt eine halbe Stunde, in der die TeBe-Profis Gerlands gute Fußball-Erziehung restlos über den Haufen warfen.Vom Hui zum Pfui: Arminia hätte im Mittelteil der Partie ein halbes Dutzend Tore erzielen können, begnügte sich aber mit den Treffern durch Labbadia (2) und Rydlewicz.

"Wenn man so sehr unter Druck gerät, dann macht man zwangsläufig Fehler und dann fallen die Tore - so ist das im Fußball", bemühte sich Fahed Dermech um Erklärungen, fügte aber auch selbstkritisch hinzu: "In mancher Szene haben wir ganz einfach gepennt." TeBe erholte sich von der Schwächeperiode, gestaltete in den letzten 30 Minuten das Geschehen wenigstens wieder ausgeglichen."Bielefeld hat ja auch zum Schluß einen Gang zurückgeschaltet", meinte Gerland mit leichtem Donnergrollen in der Stimme.

Deutlich machte die Partie auf der Alm auch, daß es zu dem verletzt fehlenden Stürmer Kreso Kovacec keine vernünftige Alternative gibt - trotz "guter Ansätze" (Schindelmeiser) vom eingewechselten Neuzugang Goran Stankovski."Wenn unsere beiden Angreifer Aracic und Kovacec nicht zusammen auf dem Platz stehen, verlieren wir an Substanz", stellte Schindelmeiser fest."Kreso hätte die Bälle besser abgeschirmt", gab auch Fahed Dermech eine Vermißtenanzeige auf.In dieses Klagelied stimmte Gerland nur bedingt ein."Keiner kann Kreso auch nur annähernd ersetzen", sagte der Trainer, "dabei ist das Gejaule doch immer groß bei denen, die in der Aufstellung nicht berücksichtigt werden.Wenn einer aus der zweiten Reihe dann mal zum Einsatz kommt, zeigt der nur, warum er auf der Bank sitzt." Eine deutliche Kritik an dem für Kovacec zunächst aufgebotenen Harun Isa, aber auch an dem für Isa zur zweiten Hälfte eingewechselten Faruk Namdar."Der Namdar", so Gerland in seinem Groll, "ist unser schnellster Mann.Doch im Spiel läuft er über 100 Meter mindestens fünf Sekunden langsamer als sonst."

Und im Altherren-Tempo ist in der Zweiten Liga kein Staat zu machen.Schon gar nicht auf der Bielefelder Alm.

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