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Seit Ende 2016 ist Cacau Integrationsbeauftragter des DFB.

© Doris Spiekermann-Klaas

Integrationsbeauftragter des DFB: Cacau: „Man muss seinen Gegenspieler lieben“

Seit Ende letzten Jahres ist der Ex-Nationalspieler Integrationsbeauftragter des DFB. Anlässlich des Kirchentags sprach Cacau über seinen Glauben, Geflüchtete und die Frage nach dem Fußballgott.

Cacau, seit Ende letzten Jahres sind Sie Integrationsbeauftragter des DFB. Warum?

Ein Grund ist, dass ich anderen helfen will, ein weiterer, dass ich das alles selbst erlebt habe, als ich 1999 aus Brasilien nach Deutschland kam. Ich musste damals bei einem Landesliga-Klub anfangen und sprach kein Wort Deutsch. Ich weiß also, wie es ist, in der Fremde neu anzukommen. Und ich bin fest davon überzeugt, dass es ohne den Sport für mich viel, viel schwieriger gewesen wäre.

Sie sehen Sport als Motor der Integration?

Die Hauptarbeit liegt natürlich beim Staat. Die Politik und Kommunen können allerdings dankbar dafür sein, was tausende Fußballvereine im ganzen Land darüber hinaus auf dem Platz an Integrationsarbeit leisten. Fußball ist einfach super geeignet, um Menschen zu integrieren. Er wird überall auf der Welt gespielt, und man kann viele Menschen damit erreichen. Auf dem Platz ist jeder gleich, die Regeln gelten für alle. Sprache, Herkunft und Hautfarbe spielen dort keine Rolle.

Was genau ist Ihre Aufgabe als Integrationsbeauftragter?

Ich habe Zeit gebraucht, um in meine neue Position hineinzuwachsen. Ich habe viel mit Vereinen gesprochen und versucht herauszufinden, wo etwas verbessert werden kann und wo der DFB etwas zur Arbeit an der Basis beitragen kann. Der Integrationspreis und die Initiative „1:0 für ein Willkommen“ sind zwei Beispiele, wie der DFB und seine Stiftungen helfen und auch Zeichen setzen. Jetzt geht es darum, Dinge umzusetzen. In Berlin zum Beispiel fehlen vielen Vereinen, die sich engagieren, ausreichend Trainingsplätze. Als DFB-Integrationsbeauftragter kann ich versuchen, Politiker für solche Dinge zu sensibilisieren. Integration braucht auch das nötige Werkzeug.

Wann glauben Sie, wäre Ihr Job als Integrationsbeauftragter getan?

Ich glaube, dass die Arbeit als Integrationsbeauftragter erst dann erledigt ist, wenn nicht mehr über das Thema gesprochen wird. Wenn das Zusammenleben einfach selbstverständlich ist. Aber bis dahin ist es noch ein langer Weg.

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer hat mal gesagt, das Schlimmste sei ein fußballspielender ministrierender Senegalese. Den werde man nie wieder los.

Wenn jemand so was sagt, dann widerspricht das einfach allem, wofür der Fußball steht. Das finde ich schade. Aufgabe der Politik ist es zu entscheiden, wer bleibt und wer das Land wieder verlassen muss. Aber den Menschen sollten wir doch mit Freundlichkeit begegnen, mit einem Lächeln. Da leistet der Fußball einen tollen Job.

Sie haben es schnell geschafft, sich zu integrieren. Gab es auch schwierige Phasen?

Natürlich. Und genau deshalb möchte ich das weitergeben, was ich selbst erlebt habe: dass man immer weitermachen muss und die Hoffnung nicht aufgeben darf. Man muss bis zur letzten Spielminute kämpfen. Das gilt auf dem Platz, aber auch im Leben. Mein Glaube hat mir immer dabei geholfen und sehr viel Kraft gegeben.

Sie sind immer sehr offensiv mit ihrem Glauben umgegangen. Nach einem Tor haben Sie einmal ein T-Shirt gezeigt, auf dem „Jesus liebt dich“ stand. Warum?

Ich wollte den Menschen eben zeigen, dass Gott uns liebt. Und weil Fußball mein Leben war, habe ich das eben auf dem Platz gemacht.

Die Fifa hat das anders gesehen, wollte den Fußballplatz nicht zur Kanzel machen und hat solche Aktionen verboten. Was sagen Sie dazu?

Nichts. Es ist so, wie es ist. Danach musste ich es eben lassen. Aber von meinen Teamkollegen wurde ich nie als Missionar gesehen oder für meinen Glauben kritisiert. Das ist ja eigentlich das Gute auf dem Platz, jeder kann so sein, wie er will, und jeder kann glauben, was er will.

Als Integrationsbeauftragter haben Sie wahrscheinlich mit Menschen vieler unterschiedlicher Religionen zu tun?

Ja, und ich glaube, dass es dabei auch wichtig ist, sich mit anderen Religionen auseinanderzusetzen. Bisher habe ich allerdings nie erlebt, dass Religion im Sport Probleme schafft.

Was denken Sie, vereint Ihren Glauben und Fußball?

Ich glaube, entscheidend sind Begriffe wie Zusammenhalt, Teamarbeit und auch Hoffnung. Das sind Elemente, die sowohl im christlichen Glauben, als auch auf dem Platz eine wichtige Rolle spielen.

Glauben Sie, dass es einen Fußballgott gibt?

Nein, glaube ich nicht. Zu wem sollte der denn halten?

Vielleicht zum HSV, der dauerhaft in Liga eins bleibt, oder dem FC Bayern, der immer wieder Meister wird?

Das wäre meiner Meinung nach ein Aberglaube. Ich glaube nicht, dass es einen Gott gibt, der über Spielergebnisse entscheidet, eher einen, der alles im Blick hat und das Beste für uns alle will – unabhängig von Siegen und Niederlagen.

Für manche ist ja auch der Fußball eine Art Religion. Das Stadion ist die Pilgerstätte, die Vereinskluft das Gemeinschaftssymbol…

Ich kann das nicht so richtig nachempfinden. Ich glaube nicht, dass man den Sinn des Lebens im Stadion finden kann.

Worin finden Sie denn den Sinn?

Ich glaube, jeder muss seinen Sinn und sein Ziel für sich selbst finden. Für mich ist Jesus eine Art Vorbild. Er hat es geschafft, Grenzen zu überwinden und Menschen zu helfen.

Sie selbst haben Ihren Halt im Glauben gefunden, was raten Sie denen, die davon nichts halten?

Vielleicht können sie ihren Halt in anderen Menschen finden. Das Wichtige im Leben sind Menschen, die für einen da sind. Egal ob Freunde, Familie oder eben die Kollegen aus dem Sportverein.

Nächstenliebe sozusagen.

Ja. Ich würde sagen: Liebe deinen Nächsten, und liebe dich selbst. Fairplay gilt überall.

Also keine Fouls mehr an Gegenspielern?

(Lacht) Doch, das gehört mit zum Spiel. Durch die Karte bekommt man dann ja eine gerechte Strafe. Was man allerdings nie verlieren sollte, ist der Respekt. Man muss immer auch seinen Gegenspieler lieben.

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