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Wache

© dpa

Internetzensur: Die Schere im Netz

Trotz gegenteiliger Zusagen zensiert China den Internetzugang für Journalisten während der Olympischen Spiele – und das IOC nimmt es hin

Am Mittwoch gab es für einige Journalisten im Hauptpressezentrum der Olympischen Spiele in Peking ein kleines Geschenk: ein Fuwa-Olympiamaskottchen aus bunten Perlen, gebastelt von Kindern der Dongxinfang-Grundschule im Mentougou District. Diese nette Geste konnte den Ärger vieler ausländischer Journalisten allerdings nicht besänftigen. Sie haben gestern erfahren, dass sie während der Olympischen Spiele entgegen anderer Zusagen von der chinesischen Zensur betroffen sein werden. Ein Mitglied des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) gab erstmals öffentlich zu, dass es die Blockierung chinakritischer Internetseiten während der Spiele akzeptiert.

„Ich bin enttäuscht, dass der Zugang zum Internet nicht besser ist“, sagte Kevan Gosper, Chef der IOC-Pressekommission, der „South China Morning Post“, „aber ich kann den Chinesen nicht erzählen, was sie tun sollen.“ Wie im Rest des Landes werden auch im Hauptpressezentrum chinakritische Seiten der Organisationen Amnesty International, Human Rights Watch oder die chinesische Seite der Deutschen Welle blockiert. Dabei hatte IOC-Präsident Jacques Rogge vor zwei Wochen gegenüber der Deutschen Presse-Agentur erklärt, dass die Journalisten bei den Spielen unzensierten Zugang zum Internet hätten. Kevan Gosper sagte: „Ich habe erst neulich erfahren, dass einige IOC-Offizielle mit den Chinesen ausgehandelt haben, dass einige heikle Seiten geblockt werden.“ Daran werde sich wohl nichts mehr ändern. „Ich vermute, sie haben ihre Entscheidung getroffen.“

Noch im April hatte auch Kevan Gosper von freiem und unzensiertem Internet bei den Spielen gesprochen. „Wenn Sie in die Irre geführt worden sind von dem, was ich gesagt habe, dann entschuldige ich mich dafür“, erklärte er. Zuvor bestätigte ein Sprecher des Pekinger Olympia-Organisationskomitees Bocog erstmals indirekt, dass im Hauptpressezentrum die Internetseite der sektenähnlichen Meditationsgruppe Falun Gong blockiert werden könnte. „Falun Gong ist eine bösartige, falsche Religion, die von der Regierung verboten worden ist“, sagte Sun Weide. „Wir werden unsere Reporter mit ausreichendem und komfortablem Internetzugang versorgen, sodass ihre Berichterstattung der Spiele nicht betroffen ist.“ Tatsächlich hat die chinesische Regierung im Frühjahr ehemals blockierte Seiten wie Wikipedia, BBC oder Youtube frei zugänglich gemacht. Die immer noch blockierten Seiten werden offenbar in China als nicht die Olympia-Berichterstattung betreffend eingestuft.

Die Olympischen Spiele von Peking werden folglich als die ersten Spiele in die Geschichte eingehen, bei denen den 21 000 akkreditierten Journalisten nicht der volle Zugang zum Internet gewährt werden wird. Das Internationale Olympische Komitee hat es offenbar versäumt, sich eine entsprechende Forderung vertraglich zusichern zu lassen. „Wir haben mit Bocog Konditionen ausgehandelt, die den Journalisten erlauben, ungehindert und unzensiert über die Spiele zu berichten“, sagte Kevan Gosper. „Das gilt aber nicht notwendigerweise für andere die Spiele betreffende Aktivitäten oder was sonst noch irgendwo in China passiert.“ Ein offenes Eingeständnis.

Der IOC-Pressechef musste zugeben, dass auch er sich das alles anders vorgestellt hat. „Aber wir haben es hier mit einem kommunistischen Land zu tun, das Zensur ausübt“, sagte Gosper, „du bekommst das, was sie einem zugestehen.“ Damit gab er nur einen weiteren Hinweis darauf, wer bei den in der kommenden Woche beginnenden Olympischen Spielen das Sagen haben wird. Das IOC ist es offenbar nicht.

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