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Interview: „Die Ost-Berliner sind sehr speziell“

Nathan Robinson hat sich schnell eingelebt. Im ersten Spiel will er seinen ehemaligen Kollegen aus Mannheim die Flügel stutzen. Der Neu-Eisbär über Eishockeyfans in Hohenschönhausen, Titelchancen und Michael Ballack.

Herr Robinson, Ihre vergangene Saison endete mit der Meisterfeier in Mannheim, diese Saison beginnt für Sie wieder dort – diesmal im Trikot der Eisbären…

Ja, das ist schon lustig. Vor dem Spiel werde ich kaum schlafen können. Aber dort ist mir alles vertraut und deshalb wird es sicher schön.

Warum sind Sie denn nach Berlin gewechselt, wenn es Ihnen in Mannheim so gut gefallen hat?

So ist das Geschäft. Letztes Jahr war meine erste Saison in Europa, nachdem ich in der NHL nicht den Durchbruch geschafft hatte. Ich war glücklich, gleich in einer so starken Mannschaft eine gute Saison zu spielen, es war alles in Ordnung in Mannheim. Dennoch habe ich entschieden, dass es das Beste ist, nach Berlin zu wechseln. Ich suche eben Herausforderungen. Außerdem ist hier bei den Eisbären die Möglichkeit größer, noch einmal in die NHL zu wechseln…

…weil Sie in Ihrem Zweijahresvertrag eine Ausstiegsklausel haben, falls die nordamerikanische Profiliga ruft?

Ja.

Abgesehen von der Chance, wieder in der NHL zu spielen: Das Umfeld der Eisbären unterscheidet sich sehr stark von dem in Mannheim. Nicht nur die Halle, sondern auch der Etat ist hier kleiner....

Wir waren schon sehr verwöhnt in Mannheim, aber ich habe nicht so große Ansprüche, das macht mir nichts aus. Die Unterschiede merkt man vor allem bei den Fans, die Ost-Berliner sind sehr speziell. Dieses Bodenständige trifft aber meinen Geschmack. Hier steckt sehr viel Historie drin und mit der kleinen Halle ist man doch eher der Underdog. Erst ab nächster Saison wird sich das mit dem Umzug in die neue Arena ändern.

Was wissen Sie über die Geschichte des Klubs? Die Eisbären sind ein ehemaliger DDR-Verein, früher hießen sie Dynamo.

Wenig. Ich weiß, dass die Halle alt ist und dass die Fans einmalig sind. Schon nach meinem ersten Spiel hier gegen Prag musste ich gesondert Ehrenrunden auf dem Eis laufen. Da habe ich gestaunt, ich hatte doch gar nicht gut gespielt.

Wo könnte denn die Sympathie der Fans für ihren neuen Stürmer herrühren?

Weil ich besonders hart gespielt habe oder vielleicht, weil ich etwas Besonderes bin (lacht)? Nein, ob grün, blau, gelb oder schwarz, das ist doch alles egal. Als ich Nachwuchs gespielt habe, haben sie im kanadischen Fernsehen mal ein Special über schwarze Eishockeyspieler gedreht. Aber ich muss sagen, dass ich in Deutschland mit dem Thema Rassismus bisher nicht konfrontiert wurde. Weder neben noch auf dem Eis.

Auf dem Eis geht es nun für sie bei den Eisbären recht heftig zu: Gleich zu Beginn warten mit Mannheim, Köln und Hamburg sehr starke Gegner auf Sie.

In den ersten drei Spielen treffen wir gleich auf die stärksten Teams der Liga. Es wird nicht leicht, aber wir haben eine gute Mannschaft, ich mache mir keine Sorgen.

Vergangene Saison haben Sie mit Mannheim die Meisterschaft gewonnen, was haben Sie sich nun vorgenommen?

Die Meisterschaft zu gewinnen.

Was stimmt Sie so optimistisch?Das Team der Eisbären hat sich nach der missglückten Saison personell nur wenig verändert.

Unser Team ist zwar sehr jung, aber wir haben viel Power und einen guten Mannschaftsgeist. Jeder weiß, was er zu tun hat. Außerdem haben wir mit Steve Walker, Denis Pederson und Mark Beaufait erfahrene Spieler. Und ich kann hier andere Rollen als in Mannheim übernehmen.

Welche könnten das sein?

Ich kann auch defensiv gut agieren und Torschüsse verhindern. Aber natürlich will ich viele Tore schießen. Ich weiß, die Erwartungen an mich sind hoch. Ich mag es aber, Führungsrollen zu übernehmen.

Trotzdem haben Sie für einen anderen Mannschaftskapitän als Nathan Robinson gestimmt...

Steve Walker macht diesen Job schon so viele Jahre, und er macht ihn sehr gut. Ich bin nicht der große Erzähler in der Kabine, ich konzentriere mich darauf, meine Leistung auf dem Eis zu zeigen und bin sonst eher ruhig.

Sie machen aber einen recht lebhaften Eindruck. Wie haben Sie sich bisher eingelebt?

Ich mag große Städte, hier in Berlin kann ich fast unerkannt durch die Straßen laufen. Außerdem kann ich auch mal ein gutes Fußballspiel gucken, in Mannheim ging das ja nicht. Ich habe sogar selbst Fußball gespielt, bis ich 20 war, dann aber hatte ich Angst vor einer Verletzung. Ich wollte meine Karriere als Eishockey-Profi nicht aufs Spiel setzen. Schließlich ist Eishockey bei uns so populär wie Fußball hier. Aber ich mag Fußball sehr. Meine Lieblingsspieler sind Ronaldinho, Wayne Rooney, äh... und Michael Ballack (lacht).

Danke für den Ballack. Aber, im Ernst, Sie sind ja auf dem Eis so eine Art Mischung von Ronaldinho und Rooney: Ein Techniker, der sich auch mal durchboxen kann, wenn es drauf ankommt.

Das stimmt. Danke dafür.

Das Gespräch führten Katrin Schulze und Claus Vetter.

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