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Interview: Martin Kaymer: "Golf ist nur mein Beruf"

Er ist der beste Golfer Deutschlands und auf dem Sprung zur Nummer eins der Welt. Martin Kaymer spricht im Interview über seine Stärken, Tiger Woods’ Schwäche und gefährliche Hobbys.

Herr Kaymer, haben Sie schon mal analysiert, warum Sie so erfolgreich sind?

Das dauert wohl noch bis zum Saisonende.

Sie sind schon jetzt der neue deutsche Golfstar. In diesem Jahr haben Sie vier Turniere gewonnen, darunter ein Major, zudem waren Sie erfolgreich beim Ryder-Cup und sind Bester der Geldrangliste. Wo soll das noch hinführen?

Erst mal habe ich in dieser Saison ja noch vier Wochen vor mir. Wichtig ist für mich, dann beim Race to Dubai...

...dem höchstdotierten Golfturnier der Welt zum Saisonabschluss...

...ja, dort will ich bester Europäer werden. Ich glaube, danach werde ich wohl erst realisieren, was für ein tolles Jahr das war.

Wie entscheidend war für Ihren Aufstieg, dass sich Tiger Woods wegen seiner persönlichen Probleme lange zurückgezogen hat und nur wenige Turniere spielen konnte?

Er ist ein herausragender Spieler. Aber letztlich ist er ein Mensch wie wir. Jeder hat mal seine Probleme – und da muss man durch. Aber wir alle hoffen, dass er es schafft und wir wieder gegen den besten Spieler der Welt in seiner Topform spielen können.

Neuer Weltranglistenerster ist jetzt Lee Westwood. Profitiert er nicht nur von Woods’ Schwäche?

Er und Phil Mickelson haben es verdient, ganz oben zu stehen. Die beiden spielen seit Jahren sehr gutes Golf. Deshalb habe ich Lee auch gleich per SMS gratuliert. Er ist ein Superathlet und Supergolfer. Ein toller Typ.

Warum gibt es so wenige deutsche Weltklassegolfer?

Ich glaube, viele junge Spieler sind einfach zu schnell satt und verlieren den Kopf. Sie erzielen ein paar gute Resultate und arbeiten nicht mehr hart. Am Verband liegt es jedenfalls nicht, er gibt uns alle Chancen.

Was muss passieren, dass Golf noch populärer wird in Deutschland?

Ich glaube, wir hätten eine gute Chance, sollten wir den Ryder-Cup 2018 bekommen. Das würde sicher einen Golf-Boom in Deutschland auslösen. Bernhard Langer gibt alles, den Ryder-Cup nach Deutschland zu holen. Und ich hoffe, dann auch dabei zu sein. Das wäre so ein Event, das noch fehlt, um Golf in Deutschland populärer zu machen.

Woran hapert es noch? Am Geld? Der Bund und die bayerische Staatsregierung haben eine finanzielle Beteiligung an der Bewerbung abgelehnt.

Wir werden trotzdem nicht aufgeben. Vielleicht bekommen wir doch noch Unterstützung von der Regierung.

Sie scheinen sich mit sportpolitischen Fragen ausgiebig zu befassen. Wie wichtig ist es für einen Spieler wie Sie, dass Golf 2016 olympisch wird?

Für einen Athleten gibt es nichts Größeres, als auf dem Podest zu stehen: Mein Traum geht so: Die Goldmedaille um den Hals, man sieht die Flagge, hört die Hymne. Solche Momente wird man sein Leben lang nicht vergessen.

Das klingt so, als wäre Golf für Sie das Wichtigste auf der Welt.

Golf ist mein Beruf, aber man sollte noch ein Leben neben dem Golf haben.

Möglicherweise wäre Ihr Aufstieg noch früher gekommen, wenn Sie sich letztes Jahr nicht bei einem Unfall auf der Kartbahn den Fuß gebrochen hätten. Wie lange können Sie sich denn dieses gefährliche Hobby noch leisten?

Dieser Kart-Unfall war sehr unglücklich. Trotzdem macht mir das Fahren Spaß und das sollte ich mir auch nicht nehmen lassen.

Sieht das Ihr Umfeld auch so?

Es ist unglaublich wichtig, Leute um mich zu haben, die mich auch auf den Boden der Tatsachen zurückholen. Meine Freunde, meine Familie, mein Bruder, der mich auch berät: Sie alle haben mich jahrelang unterstützt und an mich geglaubt, auch nach dem Unfall. Jetzt genießen sie den Erfolg mit mir.

Am Wochenende streben Sie nach einem neuen Erfolg beim Turnier in Schanghai. Was wollen Sie hier erreichen?

Ich komme sehr gerne nach China. Man spielt hier unter etwas anderen Bedingungen, das Gras ist etwas anders. Letztes Jahr lief es sehr gut, da wurde ich Sechster. Vielleicht lande ich diesmal noch weiter vorn.

Reagieren die Zuschauer hier anders als in Europa?

Auf jeden Fall, ständig hört man die verschiedenen Klingel- und SMS-Töne der Handys. Wir spielen sonst in Europa fast immer unter denselben Bedingungen. Da macht es Spaß, mal eine andere Kultur zu erleben.

Das Gespräch führte Frank Hollmann.

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