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© dpa

Interview: Michael Preetz: "Ich bin offen für Beratung"

Herthas Geschäftsführer Michael Preetz spricht im Tagesspiegel-Interview über seinen Führungsstil, Dieter Hoeneß, Lucien Favre und die schwierige Suche nach Verstärkungen.

Herr Preetz, wie viele Glückwünsche haben Sie denn in den vergangenen Tagen entgegennehmen müssen?



Fragen Sie nicht, das Telefon brummt ununterbrochen. Ich wage mich gar nicht, nach unserem Gespräch hier auf das Display zu schauen. Wahrscheinlich muss ich dann wieder 20 Leute zurückrufen.

Hat Ihnen denn auch einer geraten, den Job in der Geschäftsführung von Hertha BSC abzulehnen?

Nein, kein Einziger. Warum auch?

Es gibt dankbarere Aufgaben. Hertha muss den großartigen Erfolg der vergangenen Saison bestätigen, und das mit einer Mannschaft, die eher schwächer sein wird. Misserfolge dürften zuerst an Ihnen festgemacht werden.

Jeder kennt die Rahmenbedingungen, unter denen wir hier arbeiten. Natürlich wird es sehr schwer, eine so gute Saison zu wiederholen. Aber soll ich deswegen sagen: Wir spielen um Platz zehn? Die Ansprüche in Berlin sind hoch, und wir müssen uns an ihnen messen.

War Ihre Karriereplanung schon immer auf das Fußballmanagement ausgerichtet?

In der jüngeren Vergangenheit schon. Vor meiner Profikarriere allerdings habe ich mir überlegt, entweder Sportjournalist oder Mediziner zu werden.

Sie haben Ihre Profikarriere vor sechs Jahre beendet und warten seitdem auf den Job als Geschäftsführer bei Hertha. War das nicht eine zu lange Zeit? Sie hätten schon früher bei anderen Klubs als Manager einsteigen können.

Ich wollte nun mal unbedingt diesen Job bei Hertha BSC. Das war mein Ziel, als ich 2003 als Assistent der Geschäftsführung angefangen habe. Es waren gute Jahre. Ich habe sehr viel gelernt und hatte die Chance, mich umfassend weiterzubilden. Davon habe ich profitiert, und ich hoffe, dass auch der Verein davon profitieren wird.

Wie bildet man sich weiter als Fußballmanager?

Ich bin ein Mensch, der mit offenen Augen und Ohren durchs Leben geht. Wer sich mit den richtigen Leuten unterhält und sich mit den richtigen Sachen beschäftigt, der lernt jeden Tag dazu.

Etwas konkreter, bitte …

Ich war zum Beispiel längere Zeit bei Gruner und Jahr in Hamburg. Hat überhaupt nichts mit Fußball zu tun, nicht mal mit Öffentlichkeitsarbeit, aber ich habe wahnsinnig interessante Einblicke erhalten. Das ist ja bei einem mittelständischen Unternehmen in der Fußball-Bundesliga auch nicht ganz unwichtig.

Der moderne Trainer nimmt heutzutage Rhetorikkurse, immer mehr Spieler schwören auf Motivationstrainer. Wie optimieren denn Sie als Manager Ihre Leistungsgrenze?

Ich will da nicht ins Detail gehen, aber Sie können sicher sein, dass ich sehr offen bin für Beratung jeder Art. Es hat noch niemandem geschadet, sich mit klugen Köpfen zu umgeben. Das heißt aber nicht, dass ich allen Ratschlägen blind folge – und erst recht nicht, dass ich anderen die Entscheidungen überlasse. Ich weiß um meine Verantwortung. Das finale Wort habe natürlich ich.

Ihr Vorgänger Dieter Hoeneß interpretierte die Chefrolle eher traditionell.

Er hatte seinen Führungsstil, ich habe meinen.

Eine schöne Phrase.

Es liegt an mir, sie mit Inhalten zu füllen. Ich weiß ziemlich genau, was ich vorhabe, und ich will es mit meinen Mitteln erreichen, als Teamplayer. Und bevor Sie mich jetzt fragen, ob ich ein Vorbild als Manager habe: Nein, habe ich nicht. Ich bin schon als Spieler meinen eigenen Weg gegangen, und so will ich es auch im Management halten.

Hat Herr Hoeneß Ihnen formal die Amtsgeschäfte übergeben?

Wir hatten ein längeres Gespräch. Er hat mir viel Glück gewünscht für die Aufgabe und angeboten, jederzeit als Ratgeber zur Verfügung zu stehen.

Werden Sie dieses Angebot annehmen?

Lassen Sie uns abwarten, was die Zukunft bringt. Erst einmal ist Herr Hoeneß im Urlaub, und ich habe sehr viel zu tun. In nicht mal zwei Wochen beginnt das Training, und wir müssen unsere Mannschaft noch zusammenstellen. Das wird sich alles ein wenig nach hinten verlagern, aber das kennen wir ja bei Hertha BSC.

Die aktuelle Situation erinnert ein wenig an die vor zwei Jahren. Damals wurde Lucien Favre relativ spät verpflichtet, und zum ersten Saisonspiel stand die Mannschaft nur in Fragmenten.

Wo Sie überall Parallelen sehen … Lassen Sie uns im Hier und Jetzt bleiben: Es bringt doch nichts, hektisch auf den Markt zu gehen und planlos zu kaufen, was gerade angeboten wird. Wir werden eine gute Lösung finden, dieses Selbstbewusstsein haben wir. In der nächsten Woche werde ich mich mit dem Trainer treffen und einiges besprechen. Er war ja nur eine Woche im Urlaub, und selbst in dieser Zeit hat er pausenlos DVDs mit interessanten Spielern studiert.

Dazu hat er Berlin und auch Hertha BSC ein wenig verunsichert mit angeblichen Angeboten von anderen Vereinen. Es war zu lesen, Monsieur Favre hätte um Auflösung seines Vertrages gebeten.

Der Trainer hat sich dazu am Donnerstag deutlich positioniert …

… in einem Interview auf Herthas Homepage, mit dem Versprechen: „Ich bin Herthaner und bleibe Herthaner – mit ganzem Herzen“ …

Das war wichtig, um auch den Fans klarzumachen, was wir längst wussten. Lucien Favre hat nie daran gedacht, seinen Vertrag zu kündigen, und es gab auch keine anderen Angebote. Der Trainer hat deutlich gemacht, dass er mit dem Herzen bei Hertha BSC ist und dort noch sehr lange bleiben will.

Das klingt so, als wolle er seinen gerade bis 2011 verlängerten Vertrag noch weiter verlängern.

Genau das will er. Das ist seine Form von Commitment, und wir haben das sehr interessiert zur Kenntnis genommen. Hertha BSC will auf jeden Fall langfristig mit Lucien Favre zusammenarbeiten.

Dabei gibt es wahrscheinlich einfacher zu handhabende Trainer als Lucien Favre.

Da haben Sie recht. Aber das Einfache und Naheliegende hat mich noch nie interessiert. Der Trainer ist eine sehr starke Persönlichkeit, und er hat seinen eigenen Kopf, und genau so wollen wir ihn auch. Glauben Sie mir, die Zusammenarbeit mit Lucien Favre ist faszinierend. Und sehr lohnend dazu.

Favre legt Wert darauf, jeden neuen Spieler vor einer Verpflichtung persönlich zu beobachten. Wir schwer ist es denn, ihn zum Verreisen zu überreden, zum Beispiel nach Südamerika, um potenzielle Verstärkungen zu beobachten?

Der Trainer hat einen voll gepackten Terminplan, er nutzt jede freie Sekunde, um für den Verein zu arbeiten. Wenn ich ihn also für eine längere Reise gewinnen will, brauche ich dafür einen langen Vorlauf. Wenn alles gut geplant ist, sehe ich da kein Problem. Im letzten Jahr waren wir ja auch in Südamerika mit ihm, beim Endspiel um die Copa Libertadores …

… wo Sie den Brasilianer Cicero verpflichtet haben. So einen spektakulären Einkauf dürfte es in diesem Sommer angesichts der angespannten Haushaltslage nicht geben.

Lassen Sie sich überraschen. Der Trainer hat ein sehr gutes Auge für junge Spieler, die er entwickeln kann. Noch einmal: Wir werden eine gute Mannschaft haben, da mache ich mir keine Sorgen.

Werden Sie auch als Geschäftsführer neben dem Trainer auf der Bank sitzen?

Auf jeden Fall. Man sieht und erlebt ein Spiel dort unten ganz anders als auf der Tribüne.

Und dem Trainer ist das recht?

Der hat mich darum gebeten.

Weil Sie ihm in kniffligen Situationen weiterhelfen können?

Jeder bringt auf der Bank seine Eindrücke ein. Der Trainer, der Kotrainer und auch ich. Mal hat er eine gute Idee, mal der andere einen wichtigen Vorschlag. Am Ende profitiert immer die Mannschaft.

Haben Sie in der vergangenen Saison mal durch eine Anregung ein Spiel für Hertha gewonnen?

Halt, halt! Auf der Bank ist es so wie auch in meinem Job auf der Geschäftsstelle. Jeder kann seine Meinung sagen, aber am Ende hat immer der jeweils Verantwortliche das Sagen. Während des Spiels ist das eindeutig der Trainer. Jede Entscheidung, die auf der Bank getroffen wird, ist eine Entscheidung des Trainers. Auf der anderen Seite lassen wir ihn im Büro ja auch nicht die Finanzplanung machen.

Das Gespräch führte Sven Goldmann.

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