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Otto Pfister, 76, arbeitet seit 1972 als Trainer in Afrika und anderen Kontinenten. Zuletzt betreute er den Verein Al-Merrikh Khartum im Sudan.

© AFP

Interview mit Otto Pfister: „Man hätte den Afrika-Cup verschieben sollen“

Afrika-Experte Otto Pfister über die Verlegung des Turniers nach Äquatorialguinea und die Ebola-Gefahr.

Herr Pfister, der Afrikanische Fußball-Verband CAF hat Äquatorialguinea als neuen Ausrichter für den Afrika-Cup bestimmt. Die richtige Entscheidung?

Ja. Äquatorialguinea ist recht wohlhabend und hat das Turnier 2012 gemeinsam mit Gabun ausgerichtet. Die Stadien sind intakt, die Infrastruktur ist vorhanden. In Schwarzafrika hätte es sonst kein Land gegeben, das auf die Schnelle in der Lage gewesen wäre, so eine Veranstaltung auszurichten. Es wären ohnehin nur Südafrika oder die Maghreb-Staaten infrage gekommen. Südafrika hatte bereits abgelehnt und in Nordafrika haben die Länder derzeit auch andere Sorgen.

Borussia Dortmund etwa hat seinem Stürmer Aubameyang nahegelegt, nicht zur Nationalmannschaft von Gabun zu reisen. Droht dem Afrika-Cup eine Absagen-Flut?

Die Vereine sind natürlich nicht interessiert, ihre Spieler zum Afrika-Cup abzustellen. Nun haben sie mit der Ebola-Epidemie auch noch einen plausiblen Grund.

Können Sie verstehen, dass sich Marokko als eigentlicher Gastgeber wegen Ebola weigerte, das Turnier auszutragen?

Ja, das kann ich gut verstehen. Marokko hat die Entscheidung, zu verzichten, vor mehreren Wochen getroffen, als die Epidemie ihren Höhepunkt erreichte. Das Land nimmt viel Geld durch den Tourismus ein, da würden sich Meldungen über mögliche Ebola-Fälle nicht gut machen.

Dabei kann sich von den drei stark betroffenen Ländern nur noch Guinea qualifizieren. Liberia und Sierra Leone sind ausgeschieden. War Marokkos Reaktion nicht übertrieben?

Vor wenigen Wochen wurde ein Qualifikationsspiel zwischen Guinea und Togo ja auch in Marokko ausgetragen. Man kann über den Verzicht sicherlich diskutieren, aber wie gesagt, Marokkos Sorgen sind nicht von der Hand zu weisen. Es würden aus den betroffenen Regionen trotzdem einige Fans zum Afrika-Cup reisen. Ich will nichts dramatisieren, Sie können auch von einem Auto überfahren werden, wenn Sie auf die Straße gehen. Und Ebola ist nicht zum ersten Mal ein Problem. Aber ich denke, dass man in dieser Situation nichts unnötig riskieren sollte. Aus meiner Sicht wäre es das Beste gewesen, das Turnier abzusagen. Oder es zu verschieben.

Issa Hayatou, Präsident des CAF, bezeichnete eine mögliche Verschiebung als „tödlich für den afrikanischen Fußball“. Ist das zu dramatisch formuliert?

Der internationale Terminkalender ist inzwischen so eng, da bliebe gar keine Zeit für eine Verlegung in den Sommer, weil da schon irgendwelche Qualifikationsspiele stattfinden. Ich wäre dafür gewesen, das Turnier einfach 2017 auszutragen – mit den Mannschaften, die sich ursprünglich für 2015 qualifiziert hätten.

Würde eine Pause die Attraktivität der Veranstaltung erhöhen? Schließlich findet der Afrika-Cup alle zwei Jahre statt.

Aus europäischer Sicht mag das vielleicht zutreffen, aber so denkt in Afrika niemand. Die Menschen haben viel weniger Möglichkeiten, sich vom Alltag abzulenken als im Westen. Sie nehmen jede Gelegenheit dazu dankend an, erst recht, wenn es sich um Fußball handelt.

Welchen Stellenwert hat das Turnier in Afrika?

Es ist extrem populär. Viel populärer etwa als die EM in Europa. Wenn die Nationalteams spielen, hängen in Schwarzafrika alle Menschen vor dem Fernseher oder vor dem Radio. Da ist niemand auf der Straße. Nirgends.

Der Afrika-Cup gilt als große Talenteschau. War eine Absage auch nicht möglich, weil der ökonomische Druck so groß ist?

Das mit der Talentbörse ist doch ein alter Hut. Die Talente werden bei den U-20-Veranstaltungen oder noch viel früher gesichtet. Da wimmelt es nur so von Beratern. Beim Afrika-Cup nehmen inzwischen nur noch fertige Spieler teil, fast alle spielen in Europa und sind große Nummern. Wer da noch ein gutes Geschäft machen will, kommt zu spät.

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