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Timo Glock

© AFP

Interview mit Timo Glock: „Ich dachte: Nun ist die Karriere vorbei“

Der Rennfahrer Timo Glock stand kurz davor, wieder als Gerüstbauer zu arbeiten. Nach seinem Triumph in der Formel-1-Nachwuchsserie GP2 fährt er jetzt für Toyota in der Formel 1.

Herr Glock, haben Sie sich schon mal in Monaco oder der Schweiz nach einer netten Wohnung umgesehen? Dort fühlen sich viele Formel-1-Stars wohl – und Sie als Toyota-Stammfahrer gehören ja jetzt auch dazu.

Nein. Mein Arbeitsplatz und mein Zuhause sind in Deutschland. Ich habe hier in Bad Nauheim optimale Trainingsbedingungen und bin zudem noch ganz nah bei meiner Familie und meinen Freunden.

Sie steigen aber immerhin in eines der begehrtesten Cockpits und werden auch noch ganz annehmbar dafür bezahlt. Keine schlechte Entwicklung, wenn man bedenkt, dass vor der Saison 2005 trotz guter Leistungen bei Jordan kein Platz mehr für Sie in der Formel 1 war. Denken Sie nicht manchmal: Denen habe ich es gezeigt?

Denen hab ich es gezeigt, das ist sicher der falsche Ausdruck. Im Motorsport gehört es einfach dazu, dass es mal bergauf und mal bergab geht.

Aber eine gewisse Genugtuung verspüren Sie doch schon?

Natürlich freut man sich riesig, wenn man den Formel-1-Vertrag unterschreibt. Dafür haben wir hart gearbeitet. Und dass ich mein persönliches Ziel jetzt erreicht habe, bedeutet mir mehr, als irgendwelchen Leuten etwas zu beweisen.

Trauern Sie den drei verlorenen Jahren Formel 1 ein bisschen nach?

Wenn ich jetzt nein sage, würde ich lügen. Aber die Champcar-Serie in den USA und die GP2 haben mich voran gebracht, das waren gute Jahre. Und das, was ich in dieser Zeit gelernt habe, wird mir jetzt zugute kommen. Ich habe mich als Mensch und als Fahrer weiterentwickelt.

Sie haben gesagt, Sie wollen notfalls in der Garage schlafen, um das Team nach vorn zu bringen. Wenn man sich die Ergebnisse von Toyota in der letzten Saison so ansieht, werden wohl einige Nächte notwendig sein. Haben Sie sich schon einen Schlafsack und eine Matratze gekauft?

(lacht) Ja, einen Schlafsack habe ich und wenn es notwendig ist, nehm’ ich den auch mit. Aber ehrlich, ich hab mich bei Toyota schon umgeschaut. Ganz in der Nähe vom Werk gibt es ein einfaches kleines Hotel. Ich finde schon einen Schlafplatz.

Auch BMW-Sauber wollte Sie gern halten. Wäre es nicht besser gewesen, ein Jahr zu warten, auf Nächte in der Garage zu verzichten und sich 2009 in ein Auto zu setzen. mit dem man sofort den Titel holen kann?

Nein, Toyota ist die richtige Entscheidung und eine Riesen-Herausforderung für mich. Ein Renncockpit konnte mir beim BMW schließlich niemand fest zusagen. Das ist wie bei einem Fußballer – der will auch lieber spielen anstatt auf der Ersatzbank zu sitzen.

Haben Sie nach Ihren ersten Rennen für Jordan damals auch selbst Fehler gemacht, die dazu geführt haben, dass Sie wieder auf die Bank mussten?

Natürlich war ich 2004 noch jung – aus meiner heutigen Sicht vielleicht etwas zu jung für die Formel 1. Entscheidend waren aber wirklich die Umstände; eben dass Eddie Jordan das Team verkaufen musste und sich mir keine Möglichkeit geboten hat, in der Formel 1 zu bleiben. Dann musste ich den Umweg über Amerika gehen, aber den haben wir dann auch bewusst eingeplant.

Standen Sie trotzdem zwischenzeitlich kurz davor, wieder als Gerüstbauer bei Ihrem Vater zu arbeiten?

Ja, in Monaco 2005, bei meinem letzten Rennen mit BCN.

Bis dahin hatten Sie bei dem spanischen Team nur durchwachsene Resultate in der Nachwuchsserie GP2 zustande gebracht – keine gute Bewerbung für einen Wiedereinstieg in die Formel 1.

Nein, und da dachte ich schon: Nun ist deine Karriere vorbei. Danach habe ich aber das Glück gehabt, dass ich die Chance bei Paul Jackson und dem Team iSport bekam – von da an ging es wieder aufwärts.

In der GP2 sind Sie auch gegen Lewis Hamilton gefahren, der von vielen als Jahrhunderttalent gefeiert wird. Was macht er denn so viel besser?

Als ich gegen ihn gefahren bin, hat er nicht so viel anders gemacht als ich. Ich habe ja in der zweiten Saisonhälfte 2006 sogar mehr Punkte geholt als er – das zeigt, dass es mir möglich ist, auf seinem Level zu fahren. Lewis ist mit Sicherheit ein verdammt guter Fahrer, dazu hatte er dieses Jahr bei McLaren-Mercedes ein super Auto und ist in ein Team gekommen, dass er sehr gut kannte. Er hatte ein gutes Paket und hat daraus das Beste gemacht.

Als GP2-Sieger sind Sie nun Hamiltons Nachfolger. Zwischenzeitlich sah es aber so aus, als würden Sie den sicheren Vorsprung noch verspielen. Säßen Sie jetzt auch im Toyota, wenn Sie den Titel nicht geholt hätten?

Ja, weil das Interesse weit vor dem Titel da war. Toyota hat die Rennen genau analysiert. Die wussten genau, dass, wenn das Auto gehalten hat, ich vorne mit dabei war.

Ihr neuer Teamchef erwartet schon nächstes Jahr einen Podestplatz von Ihnen.

Ich glaube, wenn das ganze Team hart und gut arbeitet, kann das schon möglich sein.

Die Fragen stellte Christian Hönicke.

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