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© dpa

Interview: Rudi Assauer: „Schalke geht nach unten“

Schalkes Ex-Manager Rudi Assauer im Tagesspiegel-Interview über den Absturz seines früheren Klubs, über den Streit mit seinem Ziehsohn und Nachfolger Andreas Müller sowie über das Revierderby am Freitag.

Herr Assauer, das Revierderby findet im Mittelmaß statt. Hätten Sie sich das vor dieser Saison vorstellen können?

Bei Dortmund war das vorauszusehen. Mit dem Spielermaterial, das bei Schalke vorhanden ist, kann auch nicht viel mehr herauskommen. Zumindest ist das mein Eindruck von den Spielen, die ich gesehen habe. Es war nie so, dass man sagen konnte: Ha, das war souverän.

Woran liegt das?

Die Schalker kommen nur über Standardsituationen zu Torchancen, da sind sie stark. Wenn ich aber die letzten fünf Jahre zurückblicke, dann steht diese Mannschaft rein fußballerisch an letzter Stelle. Da ist kein technisch hochwertiges Spiel vorhanden.

Fehlt dem Team individuelle Qualität?

Die Jungs arbeiten, ackern und machen und tun. Aber sie spielen keinen guten Fußball. Es hakt einfach. Es gibt in der Mannschaft durch die vielen Disziplinlosigkeiten immer neue Baustellen, die aufgerissen werden. Es hat den Anschein, dass viele Spieler schludrig sind.

Ihr Nachfolger und Ziehsohn, Manager Andreas Müller, steht in der Kritik. Haben Sie sich in ihm getäuscht?

Die Einkäufe vor der Saison haben nicht so gut funktioniert. Wenn ich Orlando Engelaar sehe, dann ist das sicher ein guter Fußballer. Aber er spielt nicht in dem Tempo, das man in der Bundesliga braucht. Auch Jefferson Farfan bringt derzeit nicht die Leistung, die man sich von ihm versprochen hat. Es ist kein Fortschritt zu sehen, im Gegenteil. Der Klub geht nach unten. Keiner hat mehr Angst vor Schalke. Vor zwei, drei Jahren war das anders. Aber da hat nicht nur der Manager Schuld, auch wenn er letztlich dafür verantwortlich ist.

Müller hat Ihre öffentliche Kritik als proletenhaft bezeichnet. Trifft Sie das?

Ich gönne dem Klub nichts Schlechtes, ich habe mich auch über Andreas nie negativ geäußert. Ich bin aber sehr überrascht über diesen verbalen Angriff. Das ist schon sehr enttäuschend. Mal gucken, ob ich das wieder mit ihm hinbekomme. Verärgert bin ich aber nicht, dafür habe ich in dem Geschäft zu viel erlebt.

Fehlt es in Schalkes aktuellen Führungsgremien an Fußball-Kompetenz?

Alles, was jetzt passiert, erinnert an Zeiten, von denen wir glaubten, dass sie längst hinter uns liegen. Es gab auch zu meiner Zeit Leute im Verein, die versucht haben, mit mir über Fußball zu reden. Das habe ich stets abgeblockt. Und ich kann mich nicht daran erinnern, dass diese Personen sich zu Dingen aus dem sportlichen Bereich in der Öffentlichkeit geäußert hätten. Und wenn, dann hätte es auch gequalmt. Jetzt geben alle möglichen Leute ihren Senf zu sportlichen Dingen ab. Diese Leute glauben mittlerweile, sie haben Ahnung vom Fußball. Das glaube ich aber nicht.

Auch Trainer Fred Rutten ist umstritten. Wie schätzen Sie seine Arbeit ein?

Das, was ich gesehen habe, deutet nicht an, dass die Mannschaft noch mal durchstartet. Im Moment ist der Ablauf mit all den neuen Gedanken und den Ideen, die da waren, ins Stocken geraten. Es dauert vielleicht schon zu lange, dass die Mannschaft bringt, was von ihr erwartet wird. Die Situation ist für Schalke gerade mal ausreichend. Damit wirst du nichts.

Sehen Sie die Gefahr, dass Schalke längerfristig im Mittelmaß versinkt?

Wenn die Saison nicht erfolgreich wird, dann wird es umso schwieriger, einen neuen Aufbau zu beginnen. Geld schießt Tore. Ausschließlich mit jungen Spielern zu agieren, ist gefährlich. Man muss sich im Klub die Frage stellen: Wollen wir zeigen, wie gut unsere Jugendarbeit ist? Oder wollen wir oben mitspielen? Und wie ich Schalke kenne, soll es wieder nach oben gehen.

Das Gespräch führte Jörg Strohschein.

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