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© dpa

Interview: „Wenn man Ungerechtigkeiten wahrnimmt, muss man dagegen vorgehen“

Stabhochspringerin Anna Battke spricht über ihren Kampf gegen Doping und mögliche Proteste bei den Olympischen Spielen.

Anna Battke ist eine aufstrebende Stabhochspringerin mit Aussichten auf eine Qualifikation für die Olympischen Spiele. Aufsehen erregte die 23 Jahre alte Athletin kürzlich bei der Hallen-Weltmeisterschaft in Valencia. Battke malte sich zum Wettkampf die Slogans „stop doping“, „true arms“ und „true legs“ mit einem Filzstift auf ihre Haut. Die Stabhochspringerin mit der Bestmarke von 4,56 Metern wollte mit der Aktion ein Zeichen gegen Doping setzen. Die Athletin vom USC Mainz will auch künftig couragiert gegen Doping und für Meinungsfreiheit kämpfen, wie sie im Interview erzählt.

Frau Battke, was bewegt Sie zu Ihrem ganz persönlichen Anti-Doping-Kampf?

Meine Hauptmotivation ist, dass viele Unschuldige resignieren und akzeptieren, dass sie von anderen betrogen werden. Ich finde es zudem unglaublich, dass Trainer untereinander Dopinggeschichten erzählen wie beispielsweise die, dass eine Sportlerin Doping absetzen musste, weil es ihre Organe angriff. Das wird so erzählt als handele es sich um Gänseblümchen. Keiner aber handelt ernsthaft dagegen. Mich wundert, dass die Funktionäre ihre Augen und Ohren schließen und nur geldgierig Leistung sehen wollen.

Wie waren die Reaktionen auf Ihren Protest?

Manch ein kluger Mensch hat gesagt, dass ich als kleiner Pimpf, der nur Achter wird, mich zu weit aus dem Fenster gelehnt hätte. Andere lustige Kommentatoren haben gemeint, dass ich mit meiner Botschaft alle anderen anklagen würde, die sich das nicht auf die Haut schmieren. Das ist aber doch ziemlich lächerlich. Sie haben es nicht verstanden. Dabei war doch „stop doping“ noch ziemlich human. Ich hatte noch ganz andere Ideen.

Welche?

Ich hatte erwogen, mir im Endkampf „Sorry, I had no pills“ auf die Haut zu schreiben. Andere Ideen gebe ich jetzt lieber nicht preis.

Haben Sie die auch für mögliche politische Proteste wegen Tibet?

In erster Linie will ich nach Peking als Sportlerin fahren, deren Aufgabe es nicht sein sollte, politische Fehltritte zu kommentieren. Man darf nicht vergessen, dass Olympia ein friedliches Fest aller Nationen ist und nicht ein Mittel zum Appell an alle Ungerechtigkeiten dieser Welt. In zweiter Linie bin ich ein Mensch, der Ungerechtigkeit im Wettkampfland wahrnimmt und gegen diese vorgehen muss.

Falls Sie bei den Spielen protestieren sollten, drohen Ihnen laut Internationalem Olympischen Komitee Sanktionen. Schon als Sie in Valencia beim Endkampf mit den Slogans antreten wollten, wurden Sie von Funktionären zurückgepfiffen.

Ich wurde von Wettkampfrichtern aufgefordert, die Schrift abzuwischen.

Wurde Ihnen ein Grund genannt?

Die Kampfrichter sprachen kaum Englisch. Deshalb war die Kommunikation recht schwer. Ich hörte nur in sehr brüchigem Englisch: nicht erlaubt. Drei Frauen haben mir die Schrift im Badezimmer abgewischt. Im Nachhinein hat mein Trainer herausgefunden, dass die Aufschrift erlaubt gewesen wäre.

Haben Sie eigentlich Angst, dass Ihnen jetzt Konkurrentinnen Ihre Aktion heimzahlen wollen und Sie beim Wettkampf Schikanen erleben?

Mir haben vertrauenswürdige Menschen geraten, dass ich meine Trinkflasche künftig abkleben soll, damit da keiner verbotene Mittel reinschütten kann. Außerdem solle ich meine Anlaufmarkierung im Auge behalten. Mag sein, dass ich jetzt für manch eine Kollegin ein Problem darstelle. Von Betrügern lasse ich mich aber nicht verunsichern.

Wie gehen Sie mit den Konkurrentinnen um, von deren Dopingvergehen Sie überzeugt sind?

Vielleicht werde ich die Betreffenden künftig direkt auf meinen Verdacht ansprechen. Mich wundert immer, dass es ihnen nicht peinlich ist, wenn jeder sieht, dass sie dopen. Die körperlichen Veränderungen sind so krass, dass das niemand übersehen kann, der Augen im Kopf hat.

Erwarten Sie etwa Geständnisse, wenn Sie die vermeintlichen Doper zur Rede stellen?

Nein, sicher nicht. Aber ich gehe davon aus, dass den Dopern ein direktes Wort ziemlich unangenehm sein dürfte. Vielleicht verunsichere ich sie zumindest oder rege sie zum Nachdenken an.

Wollen Sie auf diese Weise mit einer Art Psychokrieg gegen Doping kämpfen?

Psychokrieg – das Wort geht zu weit. Bleiben wir beim psychologischen Wettkampf. Wenn ich jemanden ansprechen sollte, der keine unerlaubten Mittel benutzt, dann darf er mit denselben Waffen zurückschlagen: mit ehrlichen Worten. Ich würde damit nur diejenigen treffen, die wirklich etwas auf dem Kerbholz haben, denn die Betroffenen kennen im Sport keine Ehrlichkeit.

Das Gespräch führte Daniel Meuren.

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