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Sigurdsson

© dpa

Interview: "Wir wollen in den Europacup"

Der neue Füchse-Trainer Dagur Sigurdsson über den Trainingsauftakt, seine Methoden und die Familie.

Herr Sigurdsson, ist es wahr, dass Sie derzeit in Ihrer neuen Wohnung auf dem Fußboden schlafen?

Etwas abgepolstert zwar, aber es stimmt. Die Wohnung ist leer, ich warte sehnsüchtig auf den Container aus Island.

Dann wird es auch nichts mit Ihrem für Mittwoch bereits angekündigten Grill-Einstand in Ihrem neuen Garten?

Nein, ich treffe die Spieler an diesem Tag erstmals komplett im Korber-Zentrum.

Das klingt aber gleich sehr ernst, nun sagen Sie bloß noch, dass Ihr neues Team in der ersten Trainingswoche den Ball nicht zu sehen bekommt, nur auf Kondition und Athletik getrimmt wird ...

Nein, nein, das wird nicht passieren. Mein Ziel wird es sein, möglichst schnell in den Rhythmus zu kommen. Und ein Handball gehört nun mal dazu.

Also sind Sie ein Vertreter von Zuckerbrot und Peitsche?

Von mir aus, ja. Aber ich verlange nichts, was ich nicht selbst kann.

Was macht Sie so zuversichtlich, dass alle Spieler gleich voll mitziehen?

Alle sind Profis, außerdem fange ich nicht von vorn an, ich kann ja auf die gute Arbeit meines Vorgängers aufbauen.

Haben Sie mit Jörn-Uwe Lommel mittlerweile mal gesprochen?

Nein. Abgesehen davon, dass ich ihn gut kenne, habe ich ja alle Füchse-Spiele der vergangenen Saison per DVD gesehen.

Die waren noch nicht von Europacup-Qualität. Jetzt werden die Füchse vom Aufsteiger Düsseldorf, der gegen Ihr Team seine Saison eröffnet, schon als Europacup-Anwärter angekündigt. Ist das realistisch?

Wir wollen in einen dieser Wettbewerbe, das ist auch mein klares Ziel.

Was muss sich dafür verändern?

In der Verteidigung lag zuletzt die größte Schwäche des Teams. Deshalb haben wir und auch gezielt in der Abwehr verstärkt, mit Nationaltorhüter Silvio Heinevetter und den international erfahrenen Stian Vatne und Torsten Laen.

Vatne und Laen, sagen Sie, verkörpern eine skandinavische Variante der 6:0-Abwehr, die Ihnen gefällt. Was heißt das?

Ganz einfach: Sie sind körperlich stark und sehr, sehr beweglich. Hinzu kommt natürlich die Erfahrung, die sie in ihren vorherigen Klubs in Spanien und mit ihren Nationalmannschaften aus Norwegen und Dänemark gesammelt haben.

Sie waren ebenfalls schon als Spieler ein Globetrotter, der selbst in Hiroshima drei Jahre sein Geld verdiente. Was war für Sie die wertvollste Erfahrung?

Ich bin zwar ziemlich locker drauf, habe aber schon ziemlich früh gelernt, wie wichtig Disziplin ist.

Wie wollen Sie das auf die Füchse übertragen?

Ich werde ganz schnell versuchen, eine Arbeitsmoral aufzubauen, dass wir alle zusammen – so hart es auch immer sein wird – mit Freude bei der Sache sind.

Aber so richtig wissen Sie doch noch gar nicht, was Sie erwartet. Ihre Wohnung ist noch leer, Handy, Auto, ja selbst die Füchse-Kleidung haben Sie noch nicht. Ist da die Identifikation momentan nicht noch sehr schwierig?

Überhaupt nicht, ich habe mich ja nicht gestern für Berlin entschieden und bin heute angekommen.

Wie ist denn der Entscheidungsprozess abgelaufen? Sie waren ja zuvor Spielertrainer in Bregenz und trainieren auch weiterhin die österreichische Nationalmannschaft.

Natürlich habe ich meine Frau und unsere drei Kinder mit einbezogen. Schließlich zieht die komplette Familie nach Berlin um, meine Frau wird erst einmal nicht mehr als Lehrerin arbeiten und die Kinder auf eine deutsche Schule wechseln.

Was hat den Ausschlag gegeben?

Mir war klar, dass ein solch ambitioniertes Projekt wie das der Füchse nur in einer Großstadt wie Berlin zu verwirklichen ist. Und ich habe nun als 36-Jähriger die Chance bekommen, dabei zu sein. Da erübrigt sich wohl jede Frage.

Sehen Sie Ihre Zukunft generell in Deutschland?

Irgendwann kehren die meisten Isländer, die ja sehr gerne mal ins Ausland gehen, wieder in ihre Heimat zurück.

Die Fragen stellte Hartmut Moheit.

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