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Sport: IOC-Präsident: Der Soldat: Kim Un Yong steht Samaranch ideologisch am nächsten

Strategisches Denken lernte Kim Un Yong im Dienste verschiedener koreanischer Militärdiktatoren seit den Fünfzigerjahren. Als der US-Kongress in den Siebzigern eine Untersuchung zu Korea anordnete, tauchten Dokumente auf, die Kim belasteten.

Strategisches Denken lernte Kim Un Yong im Dienste verschiedener koreanischer Militärdiktatoren seit den Fünfzigerjahren. Als der US-Kongress in den Siebzigern eine Untersuchung zu Korea anordnete, tauchten Dokumente auf, die Kim belasteten. Sie legen nahe, dass der heute 70-Jährige für den koreanischen Geheimdienst tätig war, dem Folter und Mord vorgeworfen werden. Von der Lebenserfahrung und der Ideologie her steht der Südkoreaner dem früheren Franco-Funktionär Juan Antonio Samaranch am nächsten, den er als IOC-Chef beerben will. Kim ist der älteste Kandidat für den Vorsitz des Internationalen Olympischen Komitees.

In den frühen Siebzigerjahren gründete Kim den Weltverband für den koreanischen Kampfsport Taekwondo. Seitdem ist er der Chef dieser Organisation. Nur wegen Kims guter Beziehungen zu Samaranch wurde dieser Box- und Tretsport zur olympischen Disziplin. Viele Beobachter erwarten, dass Taekwondo wieder stillschweigend aus dem Programm genommen wird, wenn Kim sich dereinst aufs Altenteil zurückzieht. Den Sport nutzte Kim auf seinem Weg zu Macht und Ruhm. Enthusiasmus für den Sport ist ihm ansonsten kaum anzumerken. Er verzieht selten eine Miene und umgibt sich mit einer Entourage von Männern, die exakt die gleichen Anzüge tragen wie er.

Irgendwann und irgendwo wurde aus Kim, dem Soldaten mittlerer Laufbahn, Kim, der Multi-Millionär. Einem milliardenschweren Freund, dem Chef des südkoreanischen Elektronik-Multis Samsung, verhalf er zu einem Sitz im IOC. Er selbst war am Vorabend der Spiele von Seoul 1988 zum IOC gestoßen. Schnell bahnte er sich seinen Weg ins Exekutivkomitee und wurde Präsident des Verbandes der internationalen Sportverbände. Die Aufgaben dieser Organisation bleiben unklar - außer, dass sie Kim einen weiteren Titel verschafft hat.

Kims scheinbar unaufhaltsamer Aufstieg wurde durch den Skandal von Salt Lake City gebremst. Die Untersuchungen förderten unschöne Dinge zu Tage, die Kims Karriere gefährdeten. Seine Tochter, eine bescheiden begabte Pianistin, durfte nicht nur gut bezahlt in der Hauptstadt des US-Bundesstaates Utah auftreten. Kim hatte zudem Druck auf das Bewerbungskomitee ausgeübt, das einen US-Studienplatz für die Tochter eines befreundeten russischen Geschäftsmannes auftreiben sollte. Eine Hand wusch die andere: Dem russischen Freund gehört eine Plattenfirma, die eine CD mit Kims Tochter produziert hatte.

Ein weiterer Hauptdarsteller des Skandals von Salt Lake City ist Kims Sohn John. Ihm wurde ein Pöstchen in der Olympiastadt zugeschanzt, das ihm und seiner Familie die Einwanderung in die USA erleichtern sollte. Die amerikanische Justiz untersuchte den Fall. Wegen Täuschung der Einwanderungsbehörde und des FBI wurde Kims Sohn angeklagt. Derzeit ist er flüchtig.

Das IOC war freundlicher zu den Kims. Dem Senior wurde eine "sehr ernste Warnung" ausgesprochen. Er behauptete, er habe nichts von der Begünstigung seines Sohnes gewusst. Der Koreaner sitzt nun auf Bewährung im IOC. Sollten doch noch Beweise für seine Mitwisserschaft gefunden werden, muss Kim gehen - möglicherweise noch in diesem Jahr. Denn bald sollen zwei Offizielle aus Salt Lake City wegen Korruption im Zusammenhang mit der Olympiabewerbung vor Gericht stehen.

Während der Untersuchungen wurde ein Brief des kenianischen IOC-Mitgliedes Charles Mukora entdeckt. Mukora bedankte sich bei Kim für finanzielle Zuwendungen und bat um weitere Hilfen. Kim pumpte fast 250 000 Dollar in den afrikanischen Sport - sein eigenes Geld, wie er betont. Mit gutem Grund: Die Afrikaner gelten im IOC als Wechselwähler. Wer ihre Stimmen holt, gewinnt die Wahl, heißt es. Kim hat durchaus Chancen, den Favoriten Jacques Rogge zu schlagen. Würde das IOC einen Präsidenten Kim überleben? Einer seiner Vorschläge lautet, die verbotenen Luxusreisen der IOC-Mitglieder in die Bewerberstädte wieder zu erlauben. Eine Praxis, die das IOC fast im Korruptionssumpf versinken ließ.

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