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IOC und das Ringen: Diktat der Inszenierung

Der IOC-Entschluss ist auch eine Antwort auf die bunte Welt, die da gerade parallel zu den Spielen aufgebaut wird, meint Christian Hönicke.

Von Christian Hönicke

Das moderne Olympia begann nicht 1896 in Athen, sondern 1948 in London: Damals wurden die ersten Livebilder im Fernsehen gezeigt. Inzwischen sind Spiele ohne Kameras unvorstellbar, denn was das Fernsehen nicht zeigt, das ist auch kein Sport.

Unsere Gedanken sind deshalb bei den Ringern, die uns als Statisten so vertraut waren und nun wohl den Platz auf der Bühne räumen müssen. Aus sportpuristischer Sicht ist der Abgesang auf die antiken Wurzeln zu bedauern. Wenn man Olympia aber als das sieht, was es heute ist – eine Sport-Operette zur besten Sendezeit –, dann müssen wir die Entscheidung akzeptieren. Wir haben sie ja selbst getroffen, die wir uns von berauschenden Bildern und großen Emotionen verführen lassen.

Das größte Sportereignis der Welt beugt sich nur dem Diktat der Inszenierung. Es gewinnt der, der sich am besten präsentiert im Dreiklang aus spektakulären Bildern, gut zu vermarktenden Stars und großzügigen Sponsoren. Wer sich diesem Gesetz verweigert, wer den Zuschauern keine zeitgemäße Action bietet, der wird rausgewählt mit der Fernbedienung.

Der IOC-Entschluss ist auch eine Antwort auf die bunte Welt, die da gerade parallel zu den Spielen aufgebaut wird. Eine Welt, in der Stratosphärenspringer Millionen Menschen auf nicht olympische Sponsoren blicken lassen und in der keiner fragt, ob das jetzt Sport ist oder nicht.

2020 werden wir uns womöglich mit dem ersten Olympiasieger im Wakeboarden oder Wushu freuen oder mit den Unterlegenen leiden. Die Tränen der Ringer werden wir wohl nicht sehen. Denn wo keine Kamera ist, da ist auch kein Sport.

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