zum Hauptinhalt

Sport: Irgendwie Eishockey

Bei der WM spielt die deutsche Mannschaft 2:2 gegen Österreich und muss den Abstieg fürchten

Hans-Ulrich Esken hatte es nicht eilig. Gut gelaunt schlenderte der Präsident des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB) gestern am frühen Abend durch die Gänge in der Wiener Stadthalle. Warum hätte er auch nicht lächeln sollen, wo doch die Ansprüche an die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft mit jedem Spieltag beim Weltmeisterschaftsturnier in Österreich bei seinem Verband sinken. Gestern freuten sich Esken zum Auftakt der Abstiegsrunde über ein 2:2 (2:0, 0:1, 0:1)-Unentschieden gegen Österreich. „Die Mannschaft war vom Spiel gegen die Schweiz am Vorabend total platt“, hatte Esken beobachtet. „Also sind wir natürlich mit dem Unentschieden zufrieden.“ Ähnlich äußerte sich Bundestrainer Greg Poss. Immerhin vermied er es, von einem „Punktgewinn“ zu sprechen.

Die Deutschen hatten nach einem – verglichen mit ihren bisher gezeigten Darbietungen – guten ersten Drittel schon 2:0 geführt, nach Toren von Klaus Kathan und Alexander Barta. Zu diesem Zeitpunkt schien es keine unlösbare Aufgabe, den Vorsprung gegen den bislang im Turnier sieglosen Gegner über die Zeit zu bringen oder gar auszubauen. Zumal die österreichischen Fans in der vollen Halle ihr verunsichertes Team mit einem Pfeifkonzert in die erste Pause begleiteten. Doch wieder einmal, wie schon bei den drei Niederlagen in der Vorrunde, war das schwach organisierte deutsche Team für eine negative Überraschung gut. Deutschland lud zum Kontern ein, trotz Führung: Andre Lakos traf im Mitteldrittel zum 1:2. Und die danach munterer werdenden Österreicher kamen erneut durch Lakos sogar noch zum Ausgleich, weil ihnen die Deutschen nach einem Wechselfehler eine Überzahlsituation gestattet hatten. Das einzig erfreuliche für Freunde anspruchsvollen Eishockeys war dann die erlösende Schlusssirene, die neun Minuten nach dem Tor zum 2:2 ertönte.

Wieder einmal hatte ein uninspirierter Auftritt den Deutschen den Erfolg verwehrt. Mit einem Team, in dem niemand eine Führungsrolle übernehmen will, lässt sich nur schwer gewinnen. Beigetragen zum labilen Mannschaftsgefüge haben vermutlich auch Poss’ undurchsichtige Nominierungskriterien – besonders bei den Verteidigern: Stephan Retzer hat in der Saison in der Deutschen Eishockey-Liga exakt ein Tor für Absteiger Kassel erzielt, genauso viel wie die Mannheimer Nico Pyka und Michael Bakos, Stefan Schauer aus Köln hat immerhin zwei Treffer geschossen. Verteidiger, die in der Liga selten treffen, blühen bei einer WM eben nicht zwangsläufig auf. Im gesamten Turnierverlauf war Deutschland 23 Mal in einer Überzahlsituation – dabei sprang nicht ein Powerplaytor heraus. Kaum ein Verteidiger brachte einen ordentlichen Schuss auf das Tor, hinzu kamen viele Fehler an der blauen Linie des Gegners.

Fehler, die auch dazu geführt haben, dass sich die Mannschaft in der jetzigen unangenehmen Situation befindet. Am Montag spielen die Deutschen nun gegen Slowenien und am Dienstag gegen die Dänen, die gestern 3:4 gegen Slowenien verloren – jeweils in Innsbruck. Und in der Abstiegsrunde, in der nur die Mannschaften auf den Rängen eins und zwei die Klasse halten, droht bei weiteren emotionslosen Auftritten der Fall in die Zweitklassigkeit. Trotzdem: „Es ist absolut verkehrt, in Hektik zu verfallen“, sagt DEB-Präsident Esken. „Mitten im laufenden Turnier wird hier bei uns auch nicht der Trainer in Frage gestellt. Wir müssen jetzt da durch, irgendwie.“ Anders als irgendwie, das hat das gestrige Spiel gezeigt, wird es den Deutschen wohl auch nicht gelingen, die Klasse zu halten.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false