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Sport: Ist der Ruf erst ruiniert

Bayer würde auf das Spiel in Barcelona am liebsten verzichten

Leverkusen. Die Szene hatte Symbolcharakter. Die Mannschaft sowie Trainer Thomas Hörster waren schon längst in den Flieger nach Barcelona gestiegen, da saß Reiner Calmund noch immer im Wartesaal des Flughafens. „Ja, ja“, brummte der Geschäftsführer von Bayer Leverkusen missmutig, nachdem das Bodenpersonal ihn bereits zum zweiten Mal aufgefordert hatte, endlich einzusteigen. „Ich komme ja gleich. Nicht so eilig.“ Am liebsten, so hatte es den Anschein, wäre Calmund nicht mit in die katalanische Metropole geflogen, zum vorletzten Champions-League-Spiel der Saison. An den Ort, an dem Bayer Leverkusen heute (20.45 Uhr, live auf Premiere) die nächste sportliche Demontage nach dem 0:3 in der Bundesliga bei Bayern München erleiden könnte.

„Das sind schon sehr bittere Stunden“, gab Calmund zu. Wenn er könnte, würde er die Mannschaft wohl umgehend aus der Königsklasse abmelden. „Wir sind doch keine Könige mehr“, sagte Calmund. Bayer Leverkusen hat sich längst wieder unter das gemeine Fußvolk begeben – nicht einmal zu einem Überraschungssieg scheinen sie noch in der Lage.

„Da wir eh chancenlos sind, wäre Training wesentlich besser als diese lästigen Spiele in der Champions League in Barcelona und nächste Woche gegen Inter Mailand“, sagte auch Trainer Hörster. Die Partie gegen den VfL Wolfsburg am Samstag in der Bundesliga wird als wesentlich wichtiger eingestuft – so bitter das auch klingen mag. Deshalb hat Hörster einige seiner Führungsspieler von der Reise nach Spanien ausgeschlossen. Carsten Ramelow (Achillessehenprobleme), Oliver Neuville (Rückenprobleme) und Juan werden für Samstag geschont und blieben in Leverkusen. Zu einem Einsatz wird nach seiner Oberschenkelverletzung wahrscheinlich Dimitar Berbatow kommen. Um den Kader zu komplettieren, nominierte Hörster sogar Hüzeyfe Dogan aus der Regionalliga-Mannschaft.

Mit dieser gewagten Aufstellung könnte der Trainer allerdings seinem Verein mehr Schaden als nötig zufügen. Steht doch auch der internationale Ruf des Bayer-Teams zur Disposition. Letztes Jahr schaffte es Leverkusen schließlich bis ins Finale der Champions League. „Klar müssen wir auf unseren Namen aufpassen. International ist für uns alles aber schon bitter“, sagt Calmund mit Blick auf die bereits missliche Lage. Das Bild der glorreichen Bayer-Elf vergangener Tage ist längst verblasst. Calmund: „Priorität hat jetzt nur noch der Nicht-Abstieg.“ Und der ist in Gefahr. Ein Punkt trennt die Leverkusener noch von den Abstiegsplätzen.

Für Calmund ist der neue Trainer unschuldig an der Misere. „Er ist voll im Soll.“ Immerhin habe er zwei Siege aus drei Spielen in der Bundesliga geholt. „Unter Toppmöller haben wir die letzten fünf Spiele verloren.“ Calmund ist der Meinung, der nationale Erfolg berechtige den Trainer, jetzt nur noch die Bundesliga ernst zu nehmen und dafür international sein Personal zu schonen. Auch wenn deshalb wenig Hoffnung mit an Bord war, als Reiner Calmund, nach der dritten Aufforderung, doch noch ins Flugzeug stieg.

Christoph Bertling

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