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Sport: Italien fürchtet den Fluch

Von Vincenzo Delle Donne Rom. Der italienische Tifoso ist dieser Tage gefangen in einer Atmosphäre zwischen Hoffen und Bangen.

Von Vincenzo Delle Donne

Rom. Der italienische Tifoso ist dieser Tage gefangen in einer Atmosphäre zwischen Hoffen und Bangen. Natürlich hofft er, dass seine Nationalmannschaft heute (13.30 Uhr, live im ZDF) Mexiko schlägt und damit ins WM-Achtelfinale einzieht. Er befürchtet aber auch, dass Giovanni Trapattonis Truppe ein weiteres prominentes Opfer des Favoritensterbens in Fernost werden könnte. Muss nach Frankreich und Argentinien auch Italien vorzeitig nach Hause reisen? Die Verärgerung über die Niederlage gegen Kroatien lähmt die Fans. „Auf dieser Weltmeisterschaft lastet ein unsäglicher Fluch“, sagt Italo Cucci, der Chefredakteur der Sporttageszeitung „Corriere dello Sport“. Wenn Italien heute nicht siegt und zur selben Zeit Kroatien die abgeschlagenen Ekuadorianer bezwingt, ist der dreimalige Weltmeister ausgeschieden.

In der allgemeinen Kritik nach dem 1:2 am Samstag gegen die Kroaten wurde Trainer Trapattoni genauso hart attackiert wie der italienische Fußballverband. Allgemein wurde beklagt, dass die italienische Delegation führungslos durch Ostasien irre und im Ensemble der Fußballmächtigen keine Stimme mehr habe. Franco Sensi, Präsident des AS Rom, schob die schmerzliche Niederlage gar auf den Machtverlust des italienischen Fußballs: „Ohne die Politik im Rücken gewinnt man keine Spiele“, sagte Sensi. Die italienische Abordnung beim Kongress des Weltverbandes Fifa habe vor zwei Wochen einen schweren Fehler begangen: Sie stellte sich bei der Wahl des Fifa-Präsidenten offen gegen den Amtsinhaber Joseph Blatter. Verbandspräsident Franco Carraro, der sich das Spiel gegen Kroatien aufgrund anderweitiger beruflicher Verpflichtungen via Fernsehen in Rom angesehen hatte, eilte sofort nach Japan. „Aber wenn wir gegen Mexiko nicht gewinnen, sind wir halt nur Mittelmaß und haben ein Weiterkommen nicht verdient“, sagt Carraro.

Politiker der Mitte-Links-Opposition sagen hinter vorgehaltener Hand schon, dass eine WM-Pleite bei aller Liebe für den Fußball durchaus etwas Gutes hätte. Ein möglicher WM-Erfolg würde nämlich das Land in einen so langen WM-Rausch versetzen, von dem die regierende Mitte-Rechts-Koalition nur profitieren würde. Bei einer Niederlage der Azzurri hingegen würde man schnell zur Tagesordnung überwechseln, in der allerlei wirtschaftliche, finanzielle und politische Probleme auf eine angemessene Lösung warten. Zurzeit wagen es nur wenige, den traditionellen Schlachtruf „Forza Italia!“, vorwärts, Italien!“ zu skandieren. Er könnte zu leicht als Wahlwerbung für die gleichnamige Partei von Ministerpräsident Silvio Berlusconi interpretiert werden.

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