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Sport: Italiens Bayern

Auch Juventus Turin ist der Meistertitel kaum noch zu nehmen

Das Leben geht weiter, aber die Meisterschaft ist entschieden. Damit wird sich Italien – ein Land, dessen Bürger sich so einmalig für Fußball begeistern können – wohl erst einmal abfinden müssen. Inter Mailands letzter Versuch, den diesjährigen Alleingang des Rekordmeisters Juventus Turin zu stoppen, ist am späten Sonntagabend gescheitert. Nach dem 1:2 des Tabellenzweiten Inter Mailand beträgt der Abstand zum Tabellenführer schon 12 Punkte. 13 Spieltage vor Ende scheint sich das Verfolgerduo aus Mailand nur noch um den zweiten Platz streiten zu dürfen.

Phasenweise sah es im ausverkauften Meazza-Stadion so aus, als würde der Kampf um den Titel wieder halbwegs interessant werden. Inter Mailand, seit mehr als zehn Jahren und mit der Hilfe von Investitionen von Hunderten Millionen bestrebt, eine Meisterschaft zu gewinnen, war der letzte ernst zu nehmende Verfolger. Doch Juves schwedischer Stürmer-Ass Ibrahimovic vereitelte schon in der 18. Minute durch seine 1:0-Führung die zarten Meisterschaftsträume. Zwar stemmte sich die Inter-Mannschaft, die an diesem Abend aus elf Legionären bestand, zunächst mit Erfolg gegen die drohende Niederlage. Der Argentinier Samuel erzielte in der 29. Minute den Ausgleichstreffer. Spielentscheidend war allerdings ein brillantes Freistoßtor von Edelreservist Alessandro Del Piero in der 80. Minute, der sich längst mit der Rolle als Joker für die entscheidenden Situationen kurz vor Spielschluss abgefunden hat. Zuvor hatte Pavel Nedved einen Freistoß zuerkannt bekommen, dem nach Meinung des aufgebrachten Inter-Trainers Roberto Mancini eine Schwalbe vorausgegangen war. „Nedved ist ein Simulant“, erzürnte sich Mancini, „er fällt immer grundlos – und alle Schiedsrichter fallen darauf ein.“

Auf diese Spitze ging der Vater des Juve-Erfolgs in der Pressekonferenz gar nicht ein. Der 59-jährige Fabio Capello behielt seine gewohnte Fassung. Der Erfolg der vergangenen Wochen hat Capellos Nimbus als Erfolgstrainer gestärkt, was angeblich zu einer Flut von Angeboten aus England und Spanien geführt haben soll. Längst verstummt ist die öffentliche Kritik an seiner Person, die sich an der Auswechslung von Stürmerstar Alessandro Del Piero entzündet hatte. Mit Juves Auswärtssieg ist er nun vor jeglicher Kritik gefeit. „Ich habe eine große Juve-Mannschaft gesehen, die stets gefährlich war“, kommentierte Capello mit Gönnerstimme.

Inter-Präsident Giacinto Facchetti wiederholte nach dem Spiel den altbekannten Vorwurf, wonach Juve ständig von den Schiedsrichtern bevorteilt werde. „Es ist unbestritten, dass Juve in dieser Saison von mindestens 15 umstrittenen Schiedsrichterentscheidungen begünstigt worden ist“, sagte Facchetti. Für die Fans dürfte diese Aussage noch einige Spannung in eine sportlich entschiedene Saison bringen. Denn statt mit dem Meisterschaftskampf können sie sich nun mit Verschwörungstheorien beschäftigen. Auch das tun Italiener mit Leidenschaft.

Vincenzo Delle Donne[Mailand]

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