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Englische Fans am Mittwochabend in Lille.

© Christian Hartmann/Reuters

Update

Jagdszenen bei Fußball-EM: 36 Fans in Lille festgenommen, Polizei setzt Tränengas ein

Englische, walisische und russische Fans sind am Mittwoch bis in die Nacht in Lille aufeinandergetroffen. Die Polizei ging hart gegen sie vor. Es gab 50 Verletzte.

In Lille sind die Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und Fans bis tief in die Nacht zum Donnerstag weitergegangen. Mit Tränengas und Schlagstöcken ging die Polizei gegen etwa 200 Anhänger vor, von denen ein Teil aus England kam. Diese waren vor dem zweiten EM-Gruppenspiel der Three Lions gegen Wales am Donnerstag (15 Uhr) im nur 40 Kilometer entfernten Lens in die Stadt gekommen. Dort fand am Mittwoch das Spiel Russlands gegen die Slowakei statt, das mit 1:2 endete.

Nach Angaben der Deutschen Presse-Agentur sollen die Fans sich weitgehend friedlich verhalten haben. Die Spannung nahmen zu, als Engländer mit ihren Gesängen russische Fans provozierten, die nach der Niederlage ihrer Mannschaft gegen die Slowakei in die Innenstadt kamen, wie der "Guardian" berichtet. Feuerwerkskörper sollen das Signal für eine kleinere Gruppe von Russen gegeben haben, auf Engländer loszugehen. Bei der BBC ist zudem von Flaschenwürfen in Richtung Polizei die Rede.

Die Einsatzkräfte gingen übereinstimmenden Berichten zufolge hart gegen die Fans vor. Neben Reizgas setzte die Polizei auch Hunde ein, um die Gruppen zu separieren. Nach Einschätzung von Augenzeugen ging diese Taktik aber nicht auf, sondern glich vielmehr einem Katz-und-Maus-Spiel. Wie schon am frühen Abend kam es immer wieder zu Jagdszenen, Engländer und Waliser sollen Russen verfolgt haben, die Polizei wiederum die Fans. Die Menge ließ sich bis nach Mitternacht nur vorübergehend auseinandertreiben. Erst gegen 1 Uhr am Morgen kehrte auf den Straßen weitgehend Ruhe ein.

Rund um die Partie Russland gegen Slowakei wurden 16 Menschen festgenommen. Darunter seien auch sechs Russen, die an den Ausschreitungen in Marseille am vergangenen Samstag beteiligt waren, teilte die Präfektur des Départements Nord am Mittwochabend mit. Im Stadtgebiet war es den Tag über nach Angaben der Behörde vom frühen Donnerstagmorgen zu insgesamt 36 Festnahmen gekommen. 50 Menschen seien von Rettungskräften behandelt, 16 in Krankenhäuser gebracht worden.

In den vergangenen Tagen war es an mehreren Spielorten zu Ausschreitungen von Hooligans gekommen. Am Wochenende hatten sich hunderte Russen und Engländer in Marseille Straßenschlachten geliefert. Vor dem Auftaktspiel der DFB-Elf am Sonntag hatten deutsche Hooligans in Lille randaliert. Darunter sollen auch Rechtsextreme aus Sachsen gewesen sein.

Thomas de Maizière will Videoüberwachung in Deutschland ausweiten

Bundesinnenminister Thomas de Maizière nahm die Krawalle bei der EM zum Anlass, auch für eine stärkere Videoüberwachung auf öffentlichen Plätzen in Deutschland zu fordern. "Vielleicht begreift jetzt auch der Letzte in Deutschland, dass mehr Videoüberwachung an öffentlichen Plätzen in erster Linie eine Hilfe ist und nicht Beobachtung von Unschuldigen", sagte er im Gespräch mit der "Rheinischen Post".

Die Videoüberwachung müsse "auch in Deutschland ausgebaut werden", forderte der Minister. Zumindest für die Strafverfolgung sei es gut, entsprechende Bildaufnahmen zu haben. "Ohne Body-Cams oder stationäre Kameras der Behörden wäre so etwas nicht möglich", argumentierte de Maizière.

Der CDU-Minister regte zudem an, bei Fußball-Ereignissen über ein verschärftes Alkoholverbot nachzudenken. "Alkohol ist bei öffentlichen Großveranstaltungen wie Fußballspielen eine Seuche", sagte er. "Alkohol enthemmt, und deswegen ist es richtig, dass mein französischer Kollege ein Alkoholverbot für die Stadien ausgesprochen hat."

Der Minister äußerte sich indes optimistisch, dass das Spiel Deutschland gegen Polen am Donnerstag ohne Krawalle verläuft: "Ich bin zuversichtlich, dass wir nicht noch einmal Szenen sehen wie bei dem Spiel zwischen England und Russland." Deutsche und französische Behörden täten gemeinsam alles, was sie könnten, damit es nicht zu solchen Szenen komme. (Tsp, dpa, rtr, AFP)

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