zum Hauptinhalt

Sport: „Jan kann gewinnen“

Dietrich Thurau über Ullrichs Chancen auf den letzten Etappen

Herr Thurau, hat Lance Armstrong die Tour de France schon gewonnen?

Auf keinen Fall. Vor dem Zeitfahren am Sonnabend nicht.

Wird Ullrich denn schon auf den Etappen vor dem Zeitfahren attackieren?

Wohl nicht. Auf den beiden flachen Etappen werden Lance Armstrong und Jan Ullrich keinen Einfluss auf die Entscheidung haben. Auch bei den Zeitgutschriften haben sie keine Chance. Da sind die Spezialisten für den Sprint dran. Und außerdem ist der Kampf um das Grüne Trikot noch im Gange. Die Entscheidung fällt im Zeitfahren.

Sie waren ja ein Spezialist in dieser Disziplin. Bei der Tour 1977 haben sie sogar den fünfmaligen TourSieger Eddy Merckx im Zeitfahren geschlagen. Was wird passieren?

Ich denke, dass Armstrong gegenüber Jan Ullrich leicht im Vorteil ist. Er wird einen höheren Gang fahren als beim ersten Zeitfahren, das er ja klar gegen Jan verloren hat. Armstrongs Trittfrequenz wird niedriger sein als sonst. Die Strecke liegt ihm, weil sie nicht so viele Wellen hat wie die vor zwei Wochen. Und dann ist das Wetter hier in Frankreich schlechter geworden, es ist nicht mehr so heiß. Das kommt auch eher Armstrong als Jan entgegen.

Also muss sich Jan Ullrich doch schon mit Platz zwei anfreunden?

Nein, denn Jan kann einen noch höheren Gang einlegen als Armstrong, dazu ist er fähig. Das ist sein Vorteil. Dann sehe ich ihn als den absoluten Zeitfahrspezialisten. Er kann Armstrong schlagen. Die Tagesform wird entscheiden, auch die mentale Stärke. Da sehe ich allerdings wieder Armstrong im Vorteil.

Dabei betont doch Ullrich seit Tagen, dass er bei nur 67 Sekunden Rückstand auf Armstrong noch gute Chancen auf den Sieg hat.

Das muss er ja wohl. Er kann jetzt nicht sagen, dass er die Tour schon verloren hat. Wir sollten nicht vergessen, was Jan durchgemacht hat. Er war gesperrt, war verletzt und ist fast ein Jahr nicht richtig Rad gefahren. Was er jetzt schon geschafft hat, verdient höchsten Respekt.

Ullrich ist bisher nicht viel schlechter als Armstrong. Zieht man das Mannschaftszeitfahren ab, das Armstrong mit US Postal klar gewann, dann liegt Ullrich sogar nur 24 Sekunden hinter dem Amerikaner.

Das sollte man nicht so sehen. Das Mannschaftsfahren ist fester Bestandteil der Tour. Natürlich ist Armstrongs Mannschaft besser als Ullrichs Team Bianchi. Aber US Postal ist nicht mehr so dominant wie früher, Roberto Heras etwa hat nicht so helfen können, wie das viele geglaubt hatten.

Mal angenommen, Ullrich holt im Zeitfahren auf und liegt nur noch wenige Sekunden zurück. Wird er das ungeschriebene Gesetz brechen, auf der Schlussetappe das Gelbe Trikot nicht mehr anzugreifen?

Nein, das darf Jan nicht. Auf der Fahrt nach Paris wird nichts passieren. Es sei denn, einer der Favoriten bricht sich ein Bein .

Das Gespräch führte Claus Vetter.

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false