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Kölner in Berlin: Jens Hegeler

© Imago

Update

Jens Hegeler vor dem Spiel Hertha BSC gegen Köln: „Ich habe Lukas Podolski als Balljunge die Bälle zugeworfen“

Der gebürtige Kölner Jens Hegeler spricht über seine Heimatstadt, über Erinnerungen ans Müngersdorfer Stadion und Herthas Heimspiel gegen den FC am Samstag.

Herr Hegeler, jeder Kölner soll in seiner Wohnung ein Bild vom Kölner Dom haben. Wie ist das bei Ihnen?

Trifft zu. Als feststand, dass wir nach Berlin ziehen, haben wir als erstes ein schönes Bild von der Skyline von Köln geschenkt bekommen.

Wie erklären Sie einem Nicht-Kölner die Bedeutung des Doms?

Der Dom ist das Wahrzeichen von Köln. Die Stadt ist ja sonst architektonisch nicht so das Schmankerl. Der Dom ist schon von weitem sichtbar, egal ob du mit dem Zug kommst oder von der Autobahn. Dieser Blick ist für einen Kölner das Höchste der Gefühle.

Gibt es in Berlin ein Gebäude, zu dem Sie eine besondere Beziehung aufgebaut haben?

Zum Olympiastadion? (Lacht.)

In einem Lied der Höhner heißt es: Kölle, du bes e Jeföhl. Was macht dieses Gefühl aus?

Köln ist einfach speziell. Die Kölner haben eine sehr große Zuneigung zu ihrer Stadt. Der Lokalpatriotismus ist sehr stark ausgeprägt. Vielleicht liegt das auch am Karneval. Die Stadt, der Karneval, das ist alles sehr eng verwoben. Es gibt wahrscheinlich keine Stadt, die in so vielen Liedern besungen wird, wie Köln. Die Kölner sind sehr herzlich und sehr offen - das ist an anderen Flecken dieser Welt nicht unbedingt so. Da sind die Kölner schon ein bisschen stolz drauf.

Dem Berliner wird nicht unbedingt nachgesagt, besonders herzlich zu sein.

Zum einen ist das ein Klischee. Zum anderen habe ich das bisher nicht so empfunden. Vielleicht ist der Ton manchmal ein bisschen rauer, aber unfreundlich war zu mir noch niemand. Ich erlebe die Berliner als sehr offen, die Kassiererin im Supermarkt hat auch schon mal einfach so mit mir gequatscht. Ich fand das eigentlich sehr angenehm.

Hat sich Ihre Verbundenheit mit Köln verändert, seitdem Sie in Berlin sind?

Mein Mittelpunkt, auch nach der Karriere, wird immer Köln sein. Aber es ist nicht so, dass ich Heimweh habe, wenn ich in anderen Städten lebe. Im Gegenteil: Ich fühle mich in Berlin gerade richtig wohl. Von der Stadt bin ich echt sehr angetan, weil sie viele Dinge zu bieten hat, die es auch in Köln nicht gibt.

Zum Beispiel?

Viel mehr Abwechslung. Du hast ja in jedem Stadtteil das Gefühl, du bist wieder in einer neuen Welt. In Köln hast du eine Innenstadt, du hast den Karneval, aber diese Vielseitigkeit wie in Berlin, die gibt es nicht.

Haben Sie eigentlich eine richtige FC-Fanbiografie?

Ich habe in der Jugend sechs Jahre für den FC gespielt, dadurch habe ich natürlich eine gewisse Berührung mit dem Verein. Aber es war auch nicht so, dass meine Eltern jede Woche ins Stadion gelaufen wären oder meine Geschwister immer in der Kurve gestanden hätten. Und wenn man älter wird und selbst Profifußballer ist, hat man sowieso keinen klassischen Lieblingsverein mehr. Das ist der FC für mich auch nie gewesen. Ich bin gar kein richtiger Urkölner, nicht klassisch kölsch aufgewachsen. Mein Vater kommt aus Braunschweig, meine Mutter aus Düsseldorf …

… oh, Düsseldorf …

… Vorort von Düsseldorf.

Das heißt, Sie haben auch keine prägenden Erinnerungen ans Müngersdorfer Stadion?

Nicht als klassischer Fan. Aber ich war Balljunge, bin mit den Spielern eingelaufen. Das Lustige ist, dass ich als Balljunge noch Lukas Podolski die Bälle zugeworfen habe, der eigentlich nicht wirklich viel älter ist als ich. Er hat aber schon mit 18 bei den Profis gespielt, da muss ich 14 gewesen sein. Merkwürdig, wenn man sich das heute vorstellt.

Haben Sie es dem FC übelgenommen, dass Sie in der B-Jugend aussortiert worden sind, weil Sie zu klein waren?

Natürlich war das schade, aber es war auch nichts, was mich komplett überrascht hat. Man ist ja nicht von heute auf morgen klein. Die ganze Saison über war ich schon klein und schmächtig gewesen. Ich konnte mich also darauf einstellen. Allerdings habe ich danach nicht mehr geglaubt, dass ich es noch in den Profifußball schaffe.

Inwiefern ist der 1. FC Köln typisch kölsch?

Der FC ist sehr wichtig für Köln, weil er der größte Verein der Stadt ist. Aber typisch kölsch? Jetzt muss ich aufpassen, was ich sage. Typisch kölsch ist vielleicht, dass der FC manchmal zu sorglos war. Von wegen: Et hätt noch immer jot jejange. Da sollte man sich lieber nicht drauf verlassen. Manchmal geht es nämlich nicht gut. Man braucht auch Ordnung und Struktur.

Muss man dem FC das Kölsche austreiben, damit er erfolgreich ist?

Das glaube ich nicht. Im Gegenteil. Köln gehört zur Identität dieses Vereins. Man muss halt schauen, wie man das für sich nutzen kann. Dass sich der FC offiziell als Karnevalsverein registriert hat, das passt doch. Aus der Zuneigung der Stadt kann man sehr viel für den Verein ziehen. Im Moment ist der FC da auf einem sehr guten Weg wie ich finde.

In dieser Saison spielt der FC vergleichsweise seriös, das passt gar nicht ins Klischee. Warum Sind Sie für Samstag trotzdem optimistisch?

Da gibt es viele Gründe. Wir haben eine gewisse Stabilität in unserem Spiel entwickelt. Zum anderen ist die Konstellation reizvoll: Wir treffen auf eine Mannschaft, die genauso dasteht wie wir. Beide wissen also, dass sie einen großen Schritt machen können. Ich freu mich auf das Spiel, aber es ist nicht so, dass das für mich jetzt ein extrem spezielles wird. Ich kenn aus der Mannschaft zwei Spieler, aber die kenn ich nicht, weil ich mit denen schon in der Jugend beim FC gespielt habe. Die kenn ich aus meiner Zeit in Nürnberg und Leverkusen.

Wenn Köln und der FC eine große Liebe ist: Wie erleben Sie das Verhältnis zwischen Berlin und Hertha?

Anders, vor allem privat als nicht so extrem wie in Köln. Die Affinität für den FC ist schon immens. Wenn ein Spieler von Leverkusen in Köln unterwegs ist, interessiert das niemanden. Wenn aber irgendwo ein Spieler vom FC auftauchte, der damals noch Zweitligist war, hat sich jeder auf ihn gestürzt. Berlin ist größer, es gibt die Profivereine in den anderen Sportarten, da verläuft es sich alles etwas mehr. In Berlin kann man auch als Hertha-Spieler sehr entspannt durch die Stadt laufen. Das ist sehr angenehm, wenn man privat seine Ruhe hat. Von den Berlinern wird man nicht angesprochen, vielleicht werde ich auch einfach nicht erkannt.

Vielleicht müssen Sie häufiger spielen, damit Sie erkannt werden.

Naja, die Idee hinter dem Wechsel war schon, dass ich hier in Berlin mehr Spielanteile bekomme als in Leverkusen. Wenn man sich meine Bilanz anschaut, ist das auch so gekommen. Am Saisonende werde ich knapp 30 Spiele haben, in einer Phase habe ich zehn Spiele am Stück vom Anfang bis zum Ende bestritten. Das hat mir gutgetan, eine solche Strecke hatte ich in Leverkusen nicht . Es ist also eine gewisse Basis da. Ich habe nicht das Gefühl, dass ich unwichtig bin für die Mannschaft. Oder unwichtig war. Ich war in Spielen dabei, die wir gewonnen haben, ich war in schweren Spielen dabei. Trotzdem kann ich noch wichtiger für den Verein werden. Das ist mein Anspruch für die restliche Spielzeit, aber auch für die neue Saison.

Wäre es für Sie persönlich von Vorteil, wenn die Mannschaft aktiver spielt und mehr strategisches Geschick im Mittefeld braucht?

Ich hoffe es. In Leverkusen haben wir natürlich einen anderen Fußball gespielt, mehr Fokus auf das eigene Spiel gelegt als auf das Spiel des Gegners. Aber wir haben bei Hertha bislang eine sehr schwierige Saison gehabt, da muss man sehen, wo man die Priorität setzt. In unserer Situation ist es wichtig, defensiv eine gewisse Konstanz zu haben. Sollten wir unser Stil dahin entwickeln, dass wir mehr auf unser eigenes Spiel vertrauen, kann das natürlich vorteilhaft für mich sein. Aber ich muss grundsätzlich gucken, dass ich in jedem Spielstil meine Rolle habe.

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