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Joachim Franke: "Sie war weniger überrascht als ich"

Trainer Joachim Franke über Claudia Pechsteins Start in Salt Lake City und die Wahrheit über Doping.

Herr Franke, wie haben Sie von der Starterlaubnis für Claudia Pechstein erfahren?

Sie hat mich gleich nach dem Urteil angerufen. Ich saß zu Hause vor dem Fernseher, da lief die Nachricht gerade bei n-tv in der Schleife. Wir haben uns dann sofort verabredet auf der Eisbahn in Hohenschönhausen, um noch einmal für das Wochenende zu trainieren. Als ich kam, empfing sie mich mit einem Lächeln, wie ich es lange nicht bei ihr gesehen habe.

Wie können Sie Ihre Athletin denn überhaupt noch auf den Weltcup am Freitag in Salt Lake City vorbereiten?

Wir haben am Dienstag intensiv auf dem Eis trainiert, wie vor einem ganz normalen Wettkampf. Aber so kurze Zeit vorher kann man nicht durch eine besondere Anstrengung noch etwas Versäumtes aufholen oder retten. Claudia muss jetzt an ihre Grundlagen gehen – und ich hoffe, die sind solide genug. Außerdem muss man mal sehen, wie sie mit der Höhe in Salt Lake City klarkommt. Auch wenn sie schon viele unmögliche Dinge geschafft hat, zum Beispiel bei Olympia in Salt Lake City, so ist doch eine Weltklasseleistung aus dem Kalten nicht zu schaffen.

Können Sie ihr als Trainer in dieser verfahrenen Lage überhaupt helfen?

Ich rechne ja noch damit, dass sich ein Geldgeber findet, damit ich sie begleiten kann. (lacht) Aber nein, so viel würde das auch nicht bringen. Sie wird vor Ort gemeinsam mit der deutschen Mannschaft betreut. Meine Aufgabe ist sowieso immer ihre Vorbereitung hier.

Hat sich Claudia Pechstein in den vergangenen Wochen verändert?

Nach der bestätigten Sperre durch das Internationale Sportgericht war ihr die Enttäuschung anzusehen und anzumerken. Es ist auch nicht spurlos an ihr vorübergegangen, dass sie nicht mit den deutschen Athleten trainieren durfte. Die Isolation beim Rolltraining war schwierig für sie. Aber sie hat immer daran geglaubt, noch eine Startchance zu bekommen. Deshalb hat das Urteil des Schweizer Gerichts sie wohl nicht so sehr überrascht wie mich.

Das Urteil ist bei weitem kein Freispruch, Herr Franke.

Jaja, ich weiß das schon alles. Aber ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass Claudia sich kein Doping vorzuwerfen hat.

Das ist Ihre Wahrheit.

Natürlich, aber sie kämpft dafür. So ist eben ihr Charakter.

Warum tritt Claudia Pechstein mit ihren 37 Jahren nicht einfach zurück?

Das ist ihre Entscheidung. Ich bin ihr Trainer. Sie sagt zu mir: Ich will weitermachen. Dann denke ich darüber nach, was man tun kann, um das zu ermöglichen.

Wie werden Sie am Wochenende den Wettkampf in Salt Lake City verfolgen?

Ich weiß nicht, ob das holländische Fernsehen was zeigt. Ansonsten sitze ich zu Hause vor dem Computer und verfolge die Rundenzeiten im Internet.

Glauben Sie tatsächlich, dass Claudia Pechstein bei Olympia starten kann?

(schweigt zunächst) Ganz schwere Frage.

Das Gespräch führte Robert Ide.

Joachim Franke, 69, ist Trainer von Claudia Pechstein in Berlin. Seinen Rückzug vor zwei Jahren machte er zuletzt rückgängig, um Pechstein nach ihrer Sperre wegen Dopings zu betreuen.

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