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Trikotwechsel: Mosquera trifft heute mit Cottbus auf seinen Ex-Klub Union.

© dpa

John Jairo Mosquera: Die Last der Familie

John Jairo Mosquera verließ Union Berlin 2012, um in China anzuheuern. Mittlerweile steht der Angreifer bei Energie Cottbus unter Vertrag, seinem zehnten Verein in elf Profijahren. Am Samstag spielt er gegen Union - und für die Familie.

Von Berlin ist ihm ein Wort geblieben. „Nee“. Die umgangssprachliche Kurzform für nein, John Jairo Mosquera benutzt sie ziemlich oft an diesem Nachmittag. Der Stürmer von Energie Cottbus sitzt an einem Tisch in der Geschäftsstelle, dunkelgrüne Kapuzenjacke, Jeans, Turnschuhe. Geduldig beantwortet er die Fragen der Reporter in gebrochenem Deutsch. Immer mit einem Lächeln im Gesicht. Ob das Heimspiel am Sonnabend gegen seinen Ex-Klub 1. FC Union (ab 13 Uhr im Liveticker) ein besonderes für ihn ist? „Nee!“ Keine speziellen Emotionen? „Nee.“ Urlaub in China? „Neeee!!!!“ Bei der letzten Frage reißt Mosquera seine Augen weit auf und schüttelt vehement den Kopf. Aus China ist er gerade erst gekommen, vom Klub Changchun Yatai. Schön war es dort nicht. Die Stadt, das Essen, das kalte Klima im Nordosten – nichts davon sagte ihm zu. Trotz einer üppigen Gage wollte er bald wieder zurück nach Deutschland und landete bei Energie Cottbus in der Zweiten Liga.

Mosquera ist 25 Jahre alt und hat schon mehr von der Welt gesehen als andere Fußballer in ihrer gesamten Karriere. Kolumbien, Moldawien, Argentinien, Deutschland, Dänemark, China – überall hat er gespielt. Changchun Yatai war Verein Nummer zehn in elf Profijahren. Heimisch geworden ist er dort genauso wenig wie auf den Stationen zuvor. Die drei Jahre beim 1. FC Union waren seine längste Zeit am Stück bei einem Verein. „Der Fußball ist so. Heute bist du in China, morgen in Cottbus,“ sagt Mosquera. Jetzt lächelt er nicht mehr. Und übermorgen? „Wer weiß.“

Vereinswechsel bringen meist Geld für Spieler und Berater. Im Idealfall gibt es einen besser dotierten Vertrag und Handgeld. „Das Finanzielle ist nicht alles“, sagt Mosquera, „aber sehr wichtig“. Gerade für ihn. Wenn man für mindestens zehn weitere Personen arbeitet, wird Geld zu einem nicht zu unterschätzenden Faktor. John Jairo Mosquera ist in Chigorodo, einer Kleinstadt im Norden Kolumbiens, in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen. Früh trug er die Last mit sich herum, die einzige Hoffnung der Familie auf ein besseres Leben zu sein. Im Alter von dreizehn Jahren ließ er sich überreden, es in Europa zu versuchen. Ein findiger Berater schaffte ihn zu einem Verein nach Moldawien. Dort trainierte Mosquera mit der Männermannschaft. Dass er noch ein Kind war, verrieten nur seine weichen Gesichtszüge. Von der Statur her war er ein Mann. So erwachsen, dass er nach seiner Rückkehr zum jüngsten Spieler der ersten kolumbianischen Liga avancierte. Bei seinem Debüt für Millionarios Bogota war Mosquera 14 Jahre alt, zwölf Monate später folgte das erste Tor.

Aus der Weltkarriere wurde trotzdem nichts – auch wegen der vielen Wechsel. Es reichte nicht zum Millionario. Um sich Millionär nennen zu können, waren seine Verträge nicht gut genug dotiert. Nur wollte das seine Familie nicht glauben. Sie gab das Geld aus, welches Mosquera jeden Monat aus Europa herüber schickte. Irgendwann halbierte er die Zahlungen. Aus 3000 Euro wurden 1500 – für kolumbianische Verhältnisse immer noch sehr viel Geld. Streit gab es trotzdem.

Im vergangenen November war er wieder zu Hause zu Besuch, in dem schönen Haus, das er einst für seine Familie gekauft hatte. „Die Sache ist vergessen, wir verstehen uns wieder besser“, sagt Mosquera. Geld schickt er weiterhin.

Wenn die Saison im Mai zu Ende ist, will John Jairo Mosquera wieder nach Kolumbien reisen. Die Zeit mit der Familie genießt er trotz allem. Ob er am Karriereende wieder in Kolumbien spielen will? „Damit beschäftige ich mich noch nicht“, sagt Mosquera. Zehn Jahre, so hofft er, bleiben ihm noch als Fußballer. Kaum vorstellbar, dass er die alle bei dem gleichen Klub verbringen wird.

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