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Grinsen mit Umschlag. Russlands Sportminister Witali Mutko (Mitte) jubelte, Nationalmannschaftskapitän Andrej Arschawin durfte das Votum in die Luft halten. Foto: AFP

© AFP

Sport: Jubel in der Wüste

Die Fußball-WM 2018 findet in Russland statt, die Wahl für 2022 fällt überraschend auf Katar

Zürich - Sepp Blatter hob hinter den beiden Mikrofonen beschwörend die Hände, er redete eindringlich, er wirkte wie ein Pfarrer auf der Kanzel bei seiner Sonntagspredigt, doch die entscheidende Botschaft, die Nachricht, auf die hunderte Millionen Fußball-Fans am Fernseher sehnsüchtig warteten, die verkündete der Präsident des Fußball-Weltverbands Fifa gestern erst nach qualvollen Minuten: Die Weltmeisterschaft 2018 wird in Russland stattfinden, die Weltmeisterschaft 2022 in Katar. Das hat das Exekutivkomitee der Fifa in Zürich entschieden.

Russland galt nicht unbedingt als Favorit für die Wahl 2018. Dem Konkurrenten England wurden bessere Chancen eingeräumt. Unterlegen sind auch Spanien/Portugal und Belgien/Niederlande. Nachdem Blatter mit viel Sinn für Dramatik den Zettel mit dem Namen des Gewinners aus dem Briefumschlag gezogen hatte, brach bei der russischen Delegation begeisterter Jubel aus. Zu den Offiziellen, die für Russland geworben hatten, gehörte auch die Stabhochsprung-Weltrekordlerin Jelena Isinbajewa, die einem ihrer Mitstreiter um den Hals fiel. Die russische Vize-Premierminister Igor Schuwalow bedankte sich ergriffen bei den Delegierten. „Lasst uns zusammen Geschichte schreiben“, sagte er.

Die große Überraschung der Wahl war das Votum für Katar. Aufgrund der klimatischen Bedingungen hatten viele Beobachter nicht damit gerechnet, dass der Wüstenstaat gewinnen wird. Im Saal wurde die Entscheidung reserviert aufgenommen. Der Emir von Katar forderte das Auditorium mit einer Handbewegung sogar zum Applaus auf. Hauptgrund für die Wahl dürften wirtschaftliche Aspekte gewesen sein: Mit Katar sollen neue Märkte erobert werden. Das Nachsehen hatten Japan, Südkorea, die USA und Australien. Theo Zwanziger, der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes, zeigte sich überrascht von dem Votum für Katar. Er sei sich aber sicher, „dass die Mitglieder des Fifa-Exekutivkomitees alle Bedenken, die es gegen diese Wahl geben kann, bei ihrer Entscheidungsfindung bedacht haben“.

Russlands Ministerpräsident Wladimir Putin dürfte nun bitter bereuen, dass er seine Teilnahme an der WM-Vergabe kurzfristig abgesagt hatte. Er hatte aber erklärt, dass er bei einem Sieg seines Landes noch nach Zürich reisen und sich „mit Vergnügen“ mit dem Exekutivkomitee der Fifa treffen werde. Putin hatte seine Absage mit „Respekt vor der Fifa“ begründet. Denn gegen den Weltverband sei eine Kampagne gestartet worden. Putin hatte damit die Korruptionsvorwürfe gegen Fifa-Mitglieder gemeint. Wählen durften gestern nur 22 Mitglieder der Exekutive, zwei weitere, Reynald Temarii (Tahiti) und Amos Adamu (Nigeria), sind wegen Verletzung des Ethik- Codes suspendiert worden. Beide hatten verdeckt auftretenden Reportern angeboten, ihre Stimmen zu verkaufen. Zudem gibt es Vorwürfe gegen Ricardo Texeira (Brasilien), Nicolas Leoz (Paraguay), Präsident des Südamerikanischen Verbandes, sowie Issa Hayatou, Präsident des afrikanischen Kontinentalverbandes. Alle drei wiesen die Vorwürfe zurück.

Scharfe Kritik an Putin übte Sylvia Schenk, die Sportbeauftragte der Antikorruptions-Organisation Transparency International. „Man sieht, wie die Politik und die Wirtschaft die Fifa immer noch hofieren. Aber ich finde es schon sehr zynisch, wenn gerade Putin sagt, das sei skrupellos“, sagte sie im Deutschlandfunk. Dass Blatter die Vergabe nicht verschoben habe, hält Schenk für gewagt. Sie rechnet mit einem juristischen Nachspiel. Das Urteil gegen die Suspendierten sei nicht rechtskräftig. „Und wenn ein Gericht urteilt, sie hätten mitstimmen dürfen, ist fraglich, was mit der Entscheidung passieren wird.“ Tsp

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