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Sport: Jugend forscht - und verliert

Unmittelbar nach Spielende wollte Friedel Stupp noch keine Stellungnahme abgeben. Er benötigte etwas Abstand, um das Unerklärliche zu erklären.

Unmittelbar nach Spielende wollte Friedel Stupp noch keine Stellungnahme abgeben. Er benötigte etwas Abstand, um das Unerklärliche zu erklären. Gerade waren die von ihm trainierten Hockeyspielerinnen des Berliner HC im Viertelfinale der Deutschen Meisterschaft gegen Eintracht Braunschweig in eigener Halle mit 4:5 ausgeschieden. Gerade waren zehn Jahre ununterbrochener Präsenz des BHC bei Hallen-Endrunden inklusive vier Titeln und vier zweiten Plätzen beendet worden.

Der Berliner Coach fand dann doch die Sprache wieder und versuchte gefasst, die Niederlage zu erklären. "Braunschweig ist keine überragende Mannschaft", räumte er ein, "aber wir hatten schon immer Probleme mit aggressiven Gegnern." Viel lieber sind den spielstarken Berlinerinnen solche Kontrahenten, die mitspielen wollen. Diesen Gefallen taten ihnen die Braunschweigerinnen nicht. Mit aggressivem Forechecking und zahlreichen kleinen Fouls unterbanden sie sehr wirkungsvoll den Spielaufbau des BHC. Ihre wenigen guten Einzelspielerinnen waren mit Kontern stets gefährlich und erzielten so die Mehrzahl der Tore.

Beim BHC lief es schon die gesamte Saison über nicht rund. Im ersten wichtigen Spiel gelang den Zehlendorferinnen dann nicht jene Leistungssteigerung, die die Mannschaft früher fast wie auf Knopfdruck abrufen konnte. Auch der personelle Aderlass der letzten Jahre ist dem BHC anzumerken, auch wenn das Potenzial weiterhin groß ist. Eine 25- und zwei 24-Jährige waren diesmal zu wenig an Erfahrung, auch wenn alle drei Nationalspielerinnen sind. Natascha Keller, mit 34 Treffern in zehn Vorrundenspielen Bundesliga-Torschützenkönigin, war außerdem mit einer Ellenbogenentzündung gehandicapt und blieb ohne Torerfolg.

Auf Kritik stieß die Maßnahme von Friedel Stupp, sechs Jugend-Nationalspielerinnen zunächst zu schonen und erst in der Schlussphase der Saison in das Team zu holen. "Die Entscheidung würde ich immer wieder so treffen", antwortet der Trainer. Schließlich, so sein Argument, hätten die Talente schon in der letzten Feldsaison die Dreifachbelastung von Jugend-, Frauen- und Nationalmannschaft zu bestehen gehabt. Einige überzeugten in der U 18-Auswahl so sehr, dass sie gleich noch zur U 21 eingeladen wurden. Der Trainer will den Neuaufbau der Talente langfristig vorantreiben und ordnet deshalb ein einmaliges Ausscheiden als "nicht so dramatisch" ein.

Es gibt noch viel zu lernen. Selbst die schon drei Jahre im Erwachsenenbereich spielenden 18-Jährigen zeigten gegen Braunschweig Respekt. Die robuste Rekord-Nationalspielerin Nadine Ernsting-Krienke, die sich beim entscheidenden Tor gleich an drei Berlinerinnen vorbeiwühlte, sei "eine andere Gewichtsklasse als unsere Jugend", sagt Stupp. Noch vor einer Woche hatte der BHC in der A- und B-Jugend zugleich den deutschen Meistertitel errungen. Doch die Talente in der Bundesliga zu etablieren, so Stupp, "ist ein langwieriger Prozess". In der im Mai startenden Feld-Bundesliga könnte dies früher gelingen. Das langsamere Spiel kommt dem Nachwuchs entgegen. Zudem kann der BHC von der Vielfalt seiner jungen Spielerinnen profitieren. Beim letztjährigen Debüt vieler Youngster sprang immerhin Platz zwei heraus.

Martin Scholz

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