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Bekanntes Flugobjekt. Sascha Burchert hat gegen Aue so überzeugt, dass er wohl auch in Augsburg wieder im Tor steht.Foto: Matthias Koch

© Matthias Koch

Sport: Jugend ohne Risiko

Sascha Burchert könnte auch zum Hinrundenabschluss in Augsburg bei Hertha BSC im Tor stehen

Berlin - Jeder gute Fußballtrainer wird mit Vehemenz bestreiten, dass er sich bei seinen Entscheidungen von den Erwartungen des Publikums leiten lässt. Wer einmal damit anfängt, kann gleich einpacken. Das heißt allerdings nicht, dass es einem Trainer missfällt, wenn seine Entscheidungen vom Volk mit Wohlwollen aufgenommen werden. Markus Babbel, der Trainer von Hertha BSC, hat in dieser Woche von einer Beobachtung erzählt, die er am vergangenen Sonntag gemacht hat. Es war unmittelbar vor dem Spiel des Berliner Zweitligisten gegen Erzgebirge Aue. Sascha Burchert kam zum Warmmachen aufs Feld, „und die ganze Kurve ruft seinen Namen“. Babbel hat das nicht nur schwer beeindruckt, sondern auch in seiner Ansicht bestärkt, dass er mit Burchert wenig falsch macht.

Herthas Trainer muss vor dem heutigen Spitzenspiel beim Tabellenführer FC Augsburg einige Fragen klären: Bilden Fabian Lustenberger und Peter Niemeyer zum ersten Mal in dieser Saison eine Doppel-Sechs? Welcher Offensivspieler müsste dafür auf die Bank: Ronny, Nikita Rukavytsya, Adrian Ramos oder Pierre- Michel Lasogga? Bietet Babbel nur einen Stürmer auf? Die vielleicht kniffligste Frage aber ist, ob beim Hinrundenabschluss erneut Sascha Burchert im Tor steht oder doch Marco Sejna, der nach seiner Roten Karte aus dem Spiel in München wieder zur Verfügung steht. Öffentlich festlegen will sich Babbel in dieser Sache noch nicht, erst sollen die beiden Betroffenen informiert werden. „Ich habe eine Tendenz“, sagt er. Es deutet einiges darauf hin, dass die Tendenz – anders als vor zwei Monaten – diesmal zu Burchert geht.

Nachdem sich Stammtorhüter Maikel Aerts im Oktober das Kreuzband angerissen hatte, gab Herthas Trainer noch dem Routinier Sejna den Vorzug – entgegen seiner Maxime, dass bei zwei gleichstarken Kandidaten immer der jüngere spiele. Warum er sich damals so entschieden hatte, könne er selbst nicht genau erklären, hat Babbel immer wieder gesagt. Es sei ein Bauchgefühl gewesen. In Wirklichkeit war das Votum für den 38-Jährigen eher die Sicherheitsvariante, und die ist auch für das Spiel in Augsburg, das im Schneetreiben über die Herbstmeisterschaft der Zweiten Liga entscheidet, nicht völlig auszuschließen. Babbels aktuelle Äußerungen über Burchert lassen jedoch das Gegenteil vermuten.

Der 21-Jährige hat am Wochenende, beim Sieg gegen Aue, gezeigt, dass er kein Sicherheitsrisiko sein muss. Es war sein erster Auftritt im Olympiastadion, nachdem ihn der Boulevard vor etwas mehr als einem Jahr als „Torwart-Trottel“ verspottet hatte. Im Heimspiel gegen den Hamburger SV hatte Burchert zweimal in höchster Not per Kopf vor dem eigenen Strafraum geklärt – und wurde anschließend beide Male aus weiter Ferne überlupft. Wer ein bisschen Ahnung vom Torwartspiel hat, wird Burchert für die Gegentreffer nicht verantwortlich machen, und trotzdem hatte Babbel vor dem Spiel gegen Aue den Eindruck, dass in der Öffentlichkeit die Frage gestellt wurde, „wie wir es wagen können, ihn ins Tor zu stellen“.

Sollte es diese Sorge tatsächlich gegeben haben, dann war sie unbegründet. Gegen Aue hatte Burchert nach zehn Minuten zwar einen kleinen Wackler in seinem Vortrag, als er nach einer Kerze von Andre Mijatovic den Ball unbedrängt ins Toraus boxte. Es war seine erste Aktion überhaupt im Spiel, Burchert hob entschuldigend die Arme, doch das war gar nicht nötig: Hinter ihm, in Herthas Kurve, wurde wieder sein Name gerufen. Das Volk hat manchmal ein gutes Gespür dafür, wenn jemandem Unrecht geschehen ist.

Die alte Geschichte ist vergessen. „Sascha hat alles abgestreift“, hat Babbel nach dessen Debüt in der Zweiten Liga gesagt. „Er hat Ruhe ausgestrahlt und der Mannschaft Sicherheit gegeben.“ Viel zu tun bekam der junge Torhüter nicht, nur kurz vor Schluss musste er sich zwei Mal strecken, um ohne Gegentor zu bleiben.

Selbst Marco Sejna bescheinigte dem Kollegen und Konkurrenten anschließend eine gute Leistung: „Eigentlich gibt es keinen Grund zum Wechsel“, sagte er. Ob der Trainer genauso denkt, werden Sejna und Burchert spätestens heute Morgen in der Mannschaftsbesprechung vor dem Spiel erfahren. So lange hat Babbel diese Information auch nach dem Ausfall von Maikel Aerts zurückgehalten – damit sich keiner zu früh zurücklehnt. „Sie sollen sich ja beide ordentlich vorbereiten“, sagt Markus Babbel.

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