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Griff an den Kopf. Leonardo Bonucci ist im Wettskandal angeklagt. Heute spielt er mit Juventus Turin im Olympiastadion. Foto: dpa

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Juventus Turin: Schmutzige Sterne

Herthas Gegner Juventus ringt wieder mit der Justiz.

Berlin - Hertha BSC und der heutige Testspielgegner Juventus Turin haben einiges gemeinsam. Beide werden „alte Dame“ genannt, obwohl iuventus auf Latein eigentlich Jugend bedeutet. Und beide haben ein eher gespanntes Verhältnis zu den Regeln ihres Sports. Der Juve-Teamarzt wurde 2004 zumindest in erster Instanz verurteilt, weil er das Team systematisch gedopt haben soll. 2006 belegten Abhörprotokolle, dass die Turiner im großen Stil Spiele manipulierten. Zwei Meisterschaften wurden aberkannt, der Verein in die Zweite Liga strafversetzt. Fast wie Jugendsünden lesen sich dagegen Herthas Verfehlungen, wie illegale Zahlungen, die zum Abstieg 1965 führten, oder Beteiligungen am Bundesligaskandal in den Siebzigern.

Aber auch in jüngster Zeit haben beide Erfahrungen vor Gericht gesammelt. Hertha verhandelte zuletzt über Wiederholungsspiele, Spielersperren und Zuschauerausschlüsse, bei Juventus geht es wieder einmal um – Manipulation. Trainer Antonio Conte wird demnächst der Prozess gemacht, genau wie zwei seiner Spieler sowie zwei Co-Trainern. Sie gehören zu 44 Einzelpersonen und 13 Vereinen, die das Sportgericht in der zweiten Welle des Wettskandals anklagt. Ab Mittwoch muss sich Conte in Rom verantworten, da schafft er es gerade noch nach Berlin.

Zu Juventus’ Ehrenrettung: Bei allen Beschuldigten geht es um Vorwürfe vor ihrer Turiner Zeit. Conte wird von einem früheren Spieler vorgeworfen, als Trainer des AC Siena im Mai 2011 von Spielabsprachen gewusst und in der Kabine zu geringerem Einsatz als üblich aufgefordert zu haben. Dies gilt als unterlassene Anzeige und ist strafbar. Ihm droht eine Sperre ab sechs Monaten aufwärts. Nationalspieler Simone Pepe und einem Assistenztrainer werden ebenfalls Nichtanzeige vorgeworfen, dem anderen Co-Trainer und Leonardo Bonucci sogar direkte Beteiligung. Der Vize-Europameister soll bei einem Spiel mit Bari gegen Udine mitgemogelt haben. Mindeststrafe: drei Jahre Sperre.

Dennoch reisen alle mit nach Berlin, wo Juve am Samstag landet, um 15.15 Uhr im Olympiastadion spielt (live bei Sport1) und sofort wieder abreist. „Bei Juve wird niemand allein gelassen“, sagte Präsident Andrea Agnelli, ein Spross des Fiat-Clans, der Juventus seit fast 90 Jahren protegiert. Der Umgang mit dem Schuldbewusstsein zeigt sich am Trikot der Turiner. Der Verband zählt für den Rekordmeister 28 Titel und erlaubt zwei Sterne auf der Brust. Juve klagt weiter dagegen, fühlt sich um die zwei aberkannten Trophäen betrogen und verkauft das Trikot mit drei Sternen. In Spielen bleiben sie ganz weg, doch unter dem Wappen steht „30 auf dem Feld“.

Dabei hat der Verein genug sportlichen Ruhm erworben. Als erster Klub weltweit gewann Juve alle internationalen Titel, beschäftigte Weltklasseleute wie Michel Platini und Zinedine Zidane oder die Deutschen Helmut Haller, Andreas Möller und Jürgen Kohler. Das moderne Juventus Stadium ist vorbildlich in Italien. Und mit Stars wie Gianluigi Buffon, Andrea Pirlo oder dem früheren Leverkusener Arturo Vidal holte man vergangene Saison die Meisterschaft. Berlin ist dabei nur eine Zwischenstation. Am 11. August geht es nach China, zum Supercup gegen Neapel, am 26. August beginnt die Serie A. Zwischendurch: eine Menge Prozesse.

120 Jahre Hertha: Mehr Berlin, S. 22/23

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