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Sport: Kalifornien in Berlin

Beim Beachvolleyball präsentiert sich eine aufstrebende Sportart mit viel Tradition in Berlin

Berlin - Jede Sportart hat ihren eigenen Gründungsmythos. Beim Beachvolleyball erstaunt aber, dass die Wurzeln des Trendsports bis in die zwanziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts hineinreichen. Dieser Legende nach wurde das Baggern und Pritschen auf Sand in Santa Monica in Kalifornien erfunden. Zunächst noch ein reines Familienvergnügen enpuppte sich das Spiel schon bald als stilvolle Note zum üblichen Strandbetrieb.

Der Aufstieg zum anerkannten Sport verlief schnell: 1927 schaffte das „Beachen“ den Sprung nach Europa, zunächst in einen französischen FKK-Badeort.1930 reichte die Beliebheit des Sport bereits bis zum Baltikum. Das Mekka des Beach-Volleyballs indes blieb die kalifornische Küste. Vor allem in den fünziger und sechziger Jahren mehrten sich hier die offen ausgetragene Meisterschaften, bald entstand der erste Dachverband und das erste schriflich fixierte Regelwerk. Schon damals war das Rahmenprogramm ein großes Spektakel. Besonders beliebt: Schönheitswettbewerbe mit obligatorischen Siegerküsschen.

Der andere Grund, sich in den Sand zu werfen, waren die Prämien, die sich bis heute regelmäßig verdoppelt haben. Als 1986 das Fernsehen zum ersten Mal live aus Brasilien, dem zweiten Zentrum der Szene, ein Turnier übertrug, war der Sport längst weltweit populär. In Deutschland setzte er sich hingegen erst 1993 durch. Mittlerweile gibt es bundesweit mehrere Tausend Aktive. Zwei Termine sind ihnen heilig: Das Wochenende, an dem die deutschen Meisterschaften am Timmendorfer Strand ausgetragen werden und der Grand Slam in Berlin, wo das Turnier am Mittwoch in die zwölfte Runde ging; seit drei Jahren genießt es neben Paris, Klagenfurt und Stravanger den höchsten Stellenwert in Europa. „1995 war Berlin die allererste Stadt, in der ein Turnier nicht am Strand ausgetragen wurde“, sagt Turniersprecher Frank Ehrich. „Und heute können wir ein mit allen Stars gespicktes Frauen- und Männerfeld garantieren.“ Das Preisgeld in Höhe von 600 000 US Dollar tut sein übriges.

Das Berliner Publikum erwartet ein hochklassiges Turnier. Das liegt auch daran, dass in zwei Wochen die Weltmeisterschaften in der Schweiz stattfinden – dafür gibt es noch Qualifikationspunkte zu vergeben. Außerdem neigen die deutschen Teams zu unverhofften Leistungsexplosionen, sobald sie auf hiesigem Sand spielen. 2003 gewannen mit Markus Dieckmann und Jonas Reckermann zwei Deutsche ein Finalspiel der Welttour. Zwei Jahre später, wieder in Berlin, holten Julius Brink und Kjell Schneider Bronze bei der WM. Da Partnertausch im Beachvolleyball kein Tabubruch markiert, spielen nun Dieckmann und Brink zusammen. Die Weltranglisten-Sechsten haben gute Chancen auf die vorderen Plätze. Dann könnten sie dem Beachvolleyball vielleicht einen neuen Schub geben – zumindest in Deutschland.

Paul Linke

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