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Sport: Kampf dem Adrenalin

Polizei-Psychologin Telser hilft Schiedsrichtern beim Stressabbau

Gewöhnlich sagt Christine Telser Polizisten, wie sie bei Geiselnahmen zu reagieren haben oder bei Verkehrsunfällen. Telser ist Polizei-Psychologin in Rheinland-Pfalz. Bei der Halbzeittagung der Bundesliga-Schiedsrichter, bei der es auch um den vierten Mann an der Linie ging, hat sie den Spielleitern erklärt, wie sie mit Stress besser umgehen.

Schauen Sie sich privat Fußball an? Sie scheinen ein übles Bild von dem Sport zu haben.

Ich denke nicht, dass ich das habe. Wieso?

Ein Thema bei der Schiedsrichtertagung hieß „Überlebensprogramm“.

Überlebensprogramm bedeutet ganz einfach: Stress. Für unsere Vorvorfahren ging es in Stresssituationen ums Überleben. Wenn sie am Lagerfeuer saßen und plötzlich ein Bär dastand, ging es um Leben und Tod.

Aber in der Bundesliga gibt es keine Bären.

Das ist das Faszinierende an dem Programm: Es läuft immer noch genauso ab wie früher. Ob wir mit einer körperlichen Auseinandersetzung rechnen oder einer verbalen auf dem Fußballplatz – wir erleben Stress.

Was macht den Schiedsrichter-Job so stressig?

Sie müssen auf der Grundlage unvollständiger Informationen sehr schnell entscheiden. Noch dazu agieren sie in der Öffentlichkeit – jede Entscheidung wird von tausenden Augen überprüft. Diese vielen Situationen lösen immer wieder Adrenalinstöße aus.

Welche Empfehlungen haben Sie den Schiedsrichtern gegeben, damit besser umzugehen?

Zunächst sollen sie an sich beobachten: Was macht der Stress mit mir? Dann können sie eingreifen, zum Beispiel bewusst ausatmen, sich geistig aus der Situation herausnehmen, ehe sie reagieren. Dazu haben wir Entspannungstechniken geprobt und solche zur Erhöhung der Konzentration.

Bei einer der vorgestellten Deeskalationsstrategien benutzen Polizisten ihren Schlagstock. Sollen sich Schiedsrichter demnächst die Fahnen ihrer Assistenten borgen?

Es geht nicht darum, mit dem Stock zuzuschlagen. Man braucht solche Mittel, um deutlich zu machen: Wenn ihr diese Grenze überschreitet, reagiere ich. Ein Schiedsrichter hat dazu seine Karten. Deeskalation heißt nicht, sich hinzustellen und zuzuschauen.

Kann da der vierte Schiedsrichter hilfreich sein, der morgen Bundesliga-Premiere hat?

Er kann dadurch, dass er die Trainer im Auge hat, zusätzliche Stressquellen unterbinden. Außerdem verbessert ein zusätzliches Augenpaar die Informationslage des Gespanns.

Glauben Sie, dass die Schulung gleich Früchte trägt? In der Realität sieht es ja oft anders aus.

Das stimmt. Aber ich bin recht optimistisch. Gute Vorsätze sind auf beiden Seiten da.

Das Gespräch führte Daniel Pontzen.

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