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Sport: Kampf gegen zwei Gespenster

Australiens Daviscup-Team gleicht die Niederlage von 2001 aus – aber nicht das Scheitern der Rugby-Auswahl

Melbourne (Tsp). Es schien, als müsse sich das australische DaviscupTeam gegen zwei Gespenster wehren. Das eine ist zwei Jahre alt, das andere eine Woche. Vor zwei Jahren hatte die australische Mannschaft in der Rod Laver Arena von Melbourne das Daviscup-Finale gegen Frankreich gespielt. Als hoher Favorit trat sie mit ihrem Aufschlagwundermann Patrick Rafter an, und hatte extra seinen Lieblingsbelag ausgelegt, den Rasen. Doch das Spiel ging verloren, und seitdem verfolgt sie diese Niederlage. Verfolgt wurde sie auch von der Niederlage der Kollegen vom Rugby. Das Scheitern im Finale der Weltmeisterschaft vor einer Woche gegen England war eine nationale Tragödie. Jetzt sollten wenigstens die Tennisspieler der sportlichen Nation etwas Stolz zurückgeben.

Sie haben es geschafft, und mit dem 3:1 in Melbourne nicht nur die Spanier besiegt, sondern sich auch für die zwei Jahre alte Niederlage revanchiert. Zum ersten Mal seit 1986 hat Australien zu Hause wieder den Daviscup gewonnen, zum 28. Mal insgesamt. Zum letzten Mal hatten sie den Pokal vor vier Jahren in Nizza gegen Frankreich in Empfang nehmen können, aber ein Vergleich mit dem Sieg im eigenen Land vor 15 000 Zuschauern in der Rod Laver Arena war das nicht. „Ich war ganz bestimmt in Nizza nicht so bewegt wie jetzt“, sagte Mark Philippoussis, der diesmal wie schon in Nizza den Siegpunkt holte.

Der Erfolg wurde ausgiebig gefeiert, auch der Premierminister John Howard stand auf einmal in der Umkleidekabine. „Vielleicht war es nur die Euphorie des Moments, aber ich habe Lleyton Hewitt in der Kabine gesagt, dass sich das Siegesgefühl als Kapitän sogar noch besser anfühlt“, berichtete John Fitzgerald. Er war Mitglied des Teams, das 1986 den Cup gewonnen hatte. Die Zeitung „The Australian“ beschrieb die Stimmung so: „Als das Spiel vorbei war, genossen sie diese bestimmte Leichtigkeit des Seins, die sich einstellt, wenn man auf einmal von der Spannung des Wettkampfs und dem Druck der Erwartung frei ist.“ Aber so schön der Sieg auch war, den Schmerz der Rugby-Niederlage wird er kaum lindern können. Sie wird weiterspuken in den Köpfen der Australier.

Auch die australischen Zeitungen wollten den Triumph im Daviscup nicht mit der Rugby-Tragödie in Zusammenhang bringen. Nur der „Sydney Morning Herald“ versuchte, den Erfolg von Melbourne als Trost zu beschreiben: „Die Weltmeisterschaft mag uns zwar von einem englischen Kick genommen worden sein. Aber der Daviscup ist zurück in Australien, dank eines ungeeigneten Helden.“ Die Zeitungen haben die Tennisgeschichte als Episode für sich erzählt, vor allem als großartige Willensleistung von Mark Philippoussis. „Dieser Erfolg wird als das Werk von Philippoussis in Erinnerung bleiben“, schrieb „The Australian.“

Philippoussis hatte es in seinem zweiten Einzel beim Stand von 2:1 für Australien nicht nur mit Gespenstern zu tun, sondern mit einer schmerzhaften Verletzung. Zwei Sätze hatte er gegen den Spanier Juan Carlos Ferrero glänzend gespielt, doch dann zog er sich einen Muskelfaserriss in der Schulter zu. Er gab die folgenden beiden Sätze fast ohne Widerstand ab. Dann gelang ihm etwas, das diesen Erfolg so einzigartig machen sollte: Er gewann den letzten Satz 6:0. Über die Rugby-Niederlage wird in den australischen Pubs sicher weiter gesprochen, aber wohl genauso über die Leistung von Phillipoussis, mit schwachem Arm und starkem Kopf gewonnen zu haben.

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