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Sport: Kampf um Konzentration

Die Eisbären wollen sich vor dem heutigen Spiel nicht ablenken lassen

Derrick Walser schmunzelte. „Essen, Ausruhen und ein bisschen Schlittschuhlaufen“, sagte der Profi des EHC Eisbären. „Mehr wird nicht passieren.“ Das gestrige Tagesprogramm der Berliner sollte frei von physischem Stress sein. Trainer Pierre Pagé wollte natürlich, dass seine Spieler den Tag auch ohne psychische Belastungen verlebten. Seien sie noch so belanglos. „Die sollen sich um nichts kümmern, nicht mal um Eintrittskarten für ihre Ehefrauen für das Spiel am Dienstag.“ Das Spiel am Dienstag. Das Spiel, das den Eisbären ihren größten Erfolg der Vereinsgeschichte bescheren kann. Das Spiel, das sie im heimischen Sportforum Hohenschönhausen (Beginn 19.30 Uhr, Liveübertragung auf Premiere) mit dem dritten Erfolg gegen die Mannheimer Adler im dritten Finalspiel der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) als Meister beenden können und wollen. Aber nicht müssen, sagte Pagé, „denn der letzte Sieg in einer Play-off-Serie ist immer der schwerste.“

Den Auftritt der Eisbären am Sonntag im Eisstadion im Mannheimer Friedrichspark zum Maßstab genommen, wäre es allerdings eine Überraschung, sollten die Berliner heute nicht ihren Titelgewinn feiern. Groß war die Dominanz der Eisbären bei ihrem 4:0-Sieg in Mannheim, größer noch als beim 5:3-Erfolg im ersten Spiel der Serie „Best of five“ gegen die Adler. Deren Stars wie Jochen Hecht können gegen die Eisbären einfach nicht das machen, was sie bislang in den Play-offs machen konnten. Die Mannheimer scheinen unter den Nachwirkungen ihrer anstrengenden, fünf Spiele langen Halbfinalserie gegen die Frankfurt Lions zu leiden. Das drückte sich bisher in ihrer Disziplinlosigkeit aus, die am Sonntag den Ausschluss von Steve Kelly zur Folge hatte. Der Kanadier, in Normalform ein unermüdlicher Kämpfer, ist heute für das dritte Finalspiel in Berlin gesperrt. Gut möglich also, dass sich Kelly ein erstes und letztes Mal anschauen muss, wie sich seine Kollegen auf dem Eis vergebens gegen konzentrierte und ausgeruhtere Berliner mühen.

„Unsere Stärke sind unsere vier guten Sturmreihen“, sagt Shawn Heins. Der Verteidiger der Eisbären erzielte am Sonntag in Mannheim das 4:0. „Mit unserer Ausgeglichenheit innerhalb der Mannschaft können wir immer in einem hohen Tempo spielen und so unsere Gegner frustrieren.“ Und: „In den Play-offs musst du diszipliniert sein.“ Nicht nur auf dem Eis, sagt Heins. Bis zum ersten Bully am Dienstag führen die Eisbären nun den Kampf um die Konzentration, während ihr Umfeld schon seit Sonntag den neuen Eishockeymeister feiert. „Wir wissen, dass wir noch nichts gewonnen haben“, sagt Heins. „Alles ist möglich. Wir denken vor dem Spiel nicht daran, was danach sein könnte.“

Das hört sich vernünftig an. Denn genauso wie es wahrscheinlich ist, dass die Eisbären heute nach dem Spiel Deutscher Meister sind, ist es unwahrscheinlich, dass die Mannheimer Adler am Dienstag nur für das bunte Rahmenprogramm an einem Feiertag im Sportforum zuständig sein wollen. Dass Mannheims Manager Marcus Kuhl in diesem Zusammenhang tiefstapelt, ist nicht ernst zu nehmen. „Bei uns ist ein bisschen die Luft raus“, hat Kuhl gesagt. „Der Sieg im Halbfinale über Frankfurt war für uns schon wie eine kleine Meisterschaft.“ Die Adler drängen sich in die Rolle des angeschlagenen Außenseiters, eines Außenseiters, der sie vor Beginn der Finalserie gegen die Eisbären nicht waren. Da waren sie nicht weniger Favorit als die Eisbären.

Die haben die Mannheimer Taktik durchschaut. Verteidiger Walser misst den Aussagen Kuhls keine Bedeutung bei. Er sagt: „Wir haben genug Spieler im Team, die wissen, wie man einen Titel gewinnt. Und diejenigen bei uns, die vergangene Saison in der Finalserie die Niederlage gegen Frankfurt miterlebt haben, wissen erst recht, worum es am Dienstag geht.“ Heute geht es um sehr viel für die Eisbären – um ihre erste Meisterschaft.

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