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Sport: Kanusport: Die letzten schönen Geschichten

So hat sich Ulrich Feldhoff aus Duisburg, der Präsident aller deutschen und übrigen Paddler auf den Welt, den Himmel für Sportfunktionäre immer vorgestellt. Innenminister Otto Schily meldet sich bei ihm zum Besuch an, fast die halbe Olympische Familie hat beim Fahrdienst Chauffeure geordert für den Trip an die Regattastrecke, "und es gibt eine Medien-Präsenz, wie wir das noch nie seit 1964 erlebt haben".

So hat sich Ulrich Feldhoff aus Duisburg, der Präsident aller deutschen und übrigen Paddler auf den Welt, den Himmel für Sportfunktionäre immer vorgestellt. Innenminister Otto Schily meldet sich bei ihm zum Besuch an, fast die halbe Olympische Familie hat beim Fahrdienst Chauffeure geordert für den Trip an die Regattastrecke, "und es gibt eine Medien-Präsenz, wie wir das noch nie seit 1964 erlebt haben". Die deutschen Reporter wollen Medaillen und die letzten schönen Stories fischen aus dem künstlichen Bassin von Penrith Lakes. Die Geschichte von Birgit Fischer, der Grand Old Lady auf dem Wasser, die mit ihrer sechsten Goldmedaille Deutschlands erfolgreichste Olympionikin wäre. Oder die von Andreas Dittmer, der souverän den Titel von Barcelona verteidigen will. Und zieht der 18-jährige Berliner Ronald Rauhe mit seinem Partner Tim Wieskötter (21) schon beim Debüt durch bis zur Nationalhymne?

Viele der netten Porträts stehen bereits im Konzept. Anders als früher, wo die Kanuten schon gewohnheitsmäßig den erfolgreichsten Fachverband stellten, sollen die Sieger- und Medaillen-Bilder aber nicht schon mit dem Nationalfeiertag vergessen sein. So glaubt wenigstens Feldhoff. "Wegen der deutschen Situation werden unsere Kanuten diesmal nachhaltig in Erinnerung bleiben. Wer das Gesicht von Germany im Medaillenspiegel rettet, hat verdient, dass ihm der Ruhm etwas länger nachläuft.

Vermutlich wird diese These zur Milchmädchenrechnung. Aber man soll die Träume von Sportlern, die von Pfadfindern, Campern und Faltbootfahrern abstammen, nicht gleich wie ein Lagerfeuer austrampeln. "Wir müssen Erfolge erzielen, um überhaupt wahrgenommen zu werden", sagt Feldhoff, wie andere Randsportarten biete sich diese Chance nur alle vier Jahre für ein paar Tage.

Genügend Selbstbewusstsein besitzen die Männer und Frauen in den Kanus und Kajaks allemal. In zehn der zwölf Klassen stehen deutsche Boote im Endlauf. Die im Einerkajak gescheiterte Manuela Mucke war nicht unter Medaillen-Aspirantin nominiert. Anders als Lutz Liwowski, der mit seiner Disqualifikation die todsichere Goldmedaille über 1000 Meter im Einerkajak verschusselt hat. Auch 24 Stunden danach war die ärgerliche Diskussion noch nicht beendet. Dass der Doppelweltmeister dann über 500 Meter Wut und Frust überzeugend weggepaddelt hatte als Sieger seines Halbfinallaufs, wollte er sich partout nicht einreden lassen.

Er hätte halt gerne gesehen, wenn Bundestrainer Josef Capousek protestiert und für ihn gekämpft hätte. "Ich hatte doch keinen Vorteil" hat er immer und wieder erzählt. Weil er nach dem Kommando des Starters "Attention, please" einen Korrekturschlag mit dem Paddel gemacht hatte, hatte die Jury auf Fehlstart entschieden. Genauso oft aber führte Capousek sein Beispiel vom 1000-Meter-Lauf an. "Wenn einer da sofort mit dem Arsch hochkommt, wird er vom Starter zurückgeschossen." Im Gegensatz zum Bootssportler aber bekommt der Leichtathlet noch eine zweite Chance.

Nun muss Liwowski zuschauen, wie wahrscheinlich der Norweger Knut Holmann auf seiner Lieblingsstrecke und mit seinem Boot Gold einfährt. Holmann hat sich nämlich eines jener Boote zugelegt, das Liwowski konstruiert hat und in der Werft des ehemaligen Kollegen Lettmann bauen lässt. Pro Jahr kommen 35 dieser Sportgeräte zum Verkauf. Liwowski erhält dann jedesmal 100 Mark Lizenzgebühr.

So richtig dreckig ging es Liwowski, als er den Sieger des zweiten Halbfinals beim Auspaddeln sah: Petar Merkow. Der hat richtig Dreck am Paddel, und trägt entscheidend zum schlechten Befinden des Vorsitzenden Feldhoff bei. Der Deutsche soll nämlich ein Problem lösen, das er kaum lösen kann. Eigentlich müsste er den Bulgaren Merkow abführen lassen von der Regatta-Anlage, weil der ebenso wie seine Sportskameraden Marian Dimitrow und Entscho Tschalakow bei den nationalen Meisterschaften am 29. Juli positiv getestet wurden. Mit dem Entwässerungsmittel Hydochlorotiasid wollten sie eine Dopingsubstanz vertuschen.

So stand es auch in der Zeitung "24 Tschassa", der Verfasser des Artikels hatte offensichtlich die Unterlagen der bulgarischen Anti-Doping-Kommission in der Hand. An diese Dokumente aber kommt Feldhoff nicht ran. Nur auf mehrfache Aufforderung erhielt er die Telefon- und Fax-Nummern des Sofioter Instituts. Doch auf Feldhoffs Faxe kommt keine Antwort, der Telefonanschluss ist seit zwei Tagen belegt. Die Bulgaren wissen, dass dies ihre einzige Chance ist, auch noch ein oder zwei Kanu-Medaillen zu holen.

Martin Hägele

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