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Karlsruhe

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Karlsruher SC: Oben angekommen

Nach vielen Umwegen feiern Christian Timm und Tamas Hajnal ihren Aufschwung mit dem Karlsruher SC. Der Auswärtssieg beim Meisterschaftsaspiranten Schalke 04 ist der bisherige Höhepunkt.

Wenn seine Kollegen vom Karlsruher SC ihren freien Tag beim Münchner Oktoberfest verbringen, bleibt Christian Timm lieber daheim in Baden. Er werde das 2:0 gegen Schalke und seine beiden Tore lieber zu Hause mit der Familie feiern, sagt er. Der 28 Jahre alte Stürmer hat als Profi zu viele Rückschläge erlitten, als dass er sich von so einem Sieg verrückt machen ließe. „Jeder, der jetzt von der Tabellenführung redet, wird auf den Boden zurückgeholt“, sagt der Westfale, dessen Bundesligakarriere vor mehr als einem Jahrzehnt in Dortmund begann. „Wir in Karlsruhe werden nicht den Boden unter den Füßen verlieren. Wir müssen uns weiter darauf konzentrieren, den Klassenverbleib zu schaffen.“

Wer Timm nach dem Sieg in Gelsenkirchen zugehört hat, mochte meinen, den Trainer vor sich zu haben. Der 28 Jahre alte Stürmer wirkt gelassen wie einer, der Hunderte von Bundesligaspielen absolviert hat. Dabei sind es erst gut 90 Partien, allerdings sehr lehrreiche. Timm konnte sich bei den damals großen Klubs Dortmund und Kaiserslautern nicht durchsetzen, zwischenzeitlich wurde er in Köln von sich und anderen überschätzt. Timm stieg ab bis in die Provinz. Erst bei der zweitklassigen Spielvereinigung Greuther Fürth fand er in den vergangenen zweieinhalb Jahren die Komfortzone, die er offenbar braucht, um den Fußball zu genießen und wieder auf sich aufmerksam zu machen. Der Wechsel zum Aufsteiger Karlsruher SC in diesem Sommer war da nur folgerichtig. „Er braucht ein Umfeld, in dem er sich wohlfühlt“, sagt KSC-Trainer Edmund Becker. „Karlsruhe ist für ihn ein gutes Pflaster.“

Mit dem Auftritt in Schalke hat Christian Timm sich wieder einem breiten Publikum bekannt gemacht. So wie Tamas Hajnal, der als kreativer Kopf des Karlsruher Spiels hervortrat und beide Tore von Timm filigran vorbereitete. Auch bei ihm rief der vierte Auswärtssieg der Saison kein Triumphgefühl hervor, sondern ein gewisses Erstaunen. „Langsam wird es unheimlich“, sagte der Spielmacher. So kühl und klar, wie die Karlsruher unter der Regie des 26 Jahre alten Ungarn kombiniert und gekämpft hatten, so sachlich gingen sie später mit ihrem jüngsten Überraschungssieg um. „18 Punkte, das ist ein Traumstart“, weiß auch Trainer Becker. „Wir dürfen aber nicht von Dingen träumen, die nicht realisierbar sind.“ In seiner Lage sähe sich manch anderer Trainer als Psychologe gefordert, der den Spielern helfen muss, mit dem Erfolg fertig zu werden. Bei Becker ist es offenbar anders. „Die Spieler wissen, was Sache ist.“

Abgeklärt wie der Trainer wirkte die Mannschaft auf dem Rasen. Clever und geduldig wie eine Spitzenmannschaft, die sie noch nicht sind, warteten die Badener in Ruhe ab, bis den schwerfälligen Schalkern die Kräfte schwanden. Mitte der zweiten Hälfte bemerkte der Außenseiter, dass die Partie nicht nur als Abwehrschlacht ihren Reiz hatte. Das Verteidigungsbündnis ging zum Angriff über, und Hajnal brachte das immense Ballgefühl zur Geltung, das er während seiner Schalker Zeit fast nur im Training vorführen durfte. In Gelsenkirchen hatte er sich vor Jahren nicht durchsetzen können.

Hajnals Vita mit den weiteren Stationen Kaiserslautern und St. Truiden zeigt, dass auch ein scheinbar Gestrandeter doch noch in den Blickpunkt rücken kann. Der Stratege kehrte spielfreudig an seinen früheren Arbeitsplatz zurück und entzauberte Schalke nach vier Pflichtspielsiegen in Serie fast allein. Fast, denn auch für seinen Partner Christian Timm gilt: Sie sind zur richtigen Zeit am richtigen Ort.

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