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Wildschwein fordert Dinosaurier. Im Spiel gegen den HSV dürfte es aber eher auf Karlsruhes Torjäger Rouwen Hennings (links) als auf Willi Wildpark ankommen.

© dpa

Karlsruher SC vor der Relegation: Dem Hamburger SV die Uhr abstellen

Mit der Frechheit des Außenseiters: Nach sechs Jahren Abstinenz will der Karlsruher SC über die Relegation gegen den Hamburger SV in die Fußball-Bundesliga zurückkehren. Ein Aufstieg wäre besodners für die finanzielle Situation des Vereins wichtig.

Jens Todt macht sich vor dem ersten Relegations-Duell beim Hamburger SV am Donnerstagabend (Beginn 20.30 Uhr, ARD) nichts vor. „Die Kulisse von 57 000 Zuschauern wird Eindruck hinterlassen“, sagt der Manager des Herausforderers, der selbst mit dieser Rolle noch vor einigen Wochen nicht gerechnet hat: Der Karlsruher SC hat sich erst am letzten Spieltag der Zweiten Liga die „riesige Chance“ (Todt) erspielt, gegen die Hanseaten um den letzten Platz in der Fußball-Bundesliga zu spielen. Das Rückspiel findet am kommenden Montag statt.

Wirklich Sorgen macht sich Todt nicht, dass die Endspiel-Stimmung im Hamburger Volksparkstadion seine junge Karlsruher Mannschaft hemmen könnte. Hinter den meisten Spielern im Team von Trainer Markus Kauczinski liegt eine bewegte Vergangenheit als Fußballprofi. Entschlossenheit und Teamgeist, so glaubt Todt, ist der Vorteil des „Außenseiters“ gegen den „eindeutigen Favoriten“. Der Karlsruher Manager sagt: „Bei uns steht eine wirkliche Mannschaft auf dem Platz. Da ist sich keiner zu schade, für den anderen zu rackern und durchs Feuer zu gehen.“ Was für die Mannschaft gilt, gilt ebenso für ihn und den gesamten KSC. Nach seiner Karriere als Profi wurde der ehemalige Nationalspieler Journalist, stieg dann aber 2007 wieder in den Profifußball ein – als Leiter der Nachwuchsbateilung des HSV. Der damalige und heutige HSV-Manager Dietmar Beiersdorfer ebnete den Weg zurück ins angestammte Geschäft. Seitdem nennt Todt Beiersdorfer „einen guten Freund“.

Aufstieg würde dem KSC bei Entschuldung helfen

Auch bei Kauczinski dauerte es, bis er als Cheftrainer auf die Bank der Badener durfte. Als der Klub nach dem Abstieg 2012 in die Dritte Liga in finanzielle Schwierigkeiten geriet, sprang der damalige Nachwuchstrainer mehrmals ein. Immer wenn wieder ein Cheftrainer gehen musste. Klubpräsident Ingo Wellenreuther, Todt und Kauczinski schafften die Wende. „Der Verein ist um einiges stabiler geworden“, sagt Todt. „Der Aufstieg würde sehr dabei helfen, den KSC weiter zu entschulden und wirtschaftlich stabiler zu machen.“

Nach Gezänk mit der Stadt Karlsruhe sind die Pläne für die umfangreiche Modernisierung des maroden Wildparkstadions auf dem Weg. 2019 ist dabei ein Ziel. Der Klub favorisierte zwar einen Neubau an der Autobahn, am Ende setzten sich die Befürworter des alten Standorts im Wildpark, in einem Waldgebiet am Rande der Innenstadt, durch.

"Wir freuen uns auf den HSV"

Nachdem der KSC in der abgelaufenen Zweitliga-Saison schon aus dem Aufstiegsrennen ausgeschieden schien, kämpfte sich Kauczinskis Team zurück auf Platz drei. Das löste eine kleine Euphoriewelle in Baden aus. Die Zeiten sind vergessen, als nur einige tausend Zuschauer die KSC-Spiele im zugigen Stadion sehen wollten – und keiner wirklich wusste, wie und ob es für den abgestürzten Verein überhaupt weitergeht, der es einst, 1994, bis ins Halbfinale des Uefa-Cups schaffte. 2009 stieg der KSC zuletzt aus der Bundesliga ab. Die Gegenwart sieht schöner aus. „Jetzt schaue ich aus dem Fenster und sehe eine 500 Meter lange Schlange von Menschen, die eine Karte wollen für das Rückspiel“, sagt Todt und lacht. „Wir sind entspannt, ja, wir freuen uns auf den HSV.“ Zu den Hanseaten gibt es einige Verbindungen, nicht nur beim ehemaligen HSV-Nachwuchskoordinator Todt. KSCEx-Profi Oliver Kreuzer war Manager bei beiden Klubs und Karlsruhes Torjäger Rouwen Hennings spielte als Jugendlicher in Hamburg, schaffte aber nie den Sprung nach ganz oben.

Dabei spricht vieles gegen die Karlsruher, auch die Geschichte. 16 Mal gab es die Relegation schon, elfmal setze sich der Bundesligist durch. „Wir kennen die Statistik der Relegation. Aber wir wissen auch, Relegation ist wie Pokal, der Kleine hat immer eine Chance“, sagt Todt. Dass es dieses Mal anders wird, darauf hoffen sie nun in Karlsruhe. „Wir hauen alles rein“, sagt Trainer Kauczinski. Seine Spieler formulieren ihre Pläne für Hamburg sogar noch forscher: Man fahre nicht „zum Sightseeing“ nach Hamburg, sagt Stürmer Hennings. Noch origineller formuliert es Verteidiger Philip Max. Der scherzt über die Bundesliga-Uhr des Liga-Gründungsmitgliedes HSV und sagte: „Ich finde, es ist Zeit, dass wir die Bundesliga-Uhr des HSV abstellen.“

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